Kriegsgedichte 2
Krieg ist keine Erfindung der Neuzeit, nur die Vernichtungsmacht hat sich potenziert. Daher findet man auch in den vergangenen Jahrhunderten Gedichte über den Krieg, in denen Dichter ihre Stimme gegen diesen Wahnsinn erheben. Auf dieser Seite gibt es eine kleine Auswahl von Kriegsgedichten seit dem Barock bis ins 19. Jahrhundert sowie späterer Gedichte, die sich traditioneller Formen bedienen.

Moderner Krieg in traditioneller Form
Eigentlich ist dies kein „altes Kriegsgedicht“, aber es verwendet die traditionelle Form des Sonetts
Josef Leitgeb · 1897-1952
1. September 1939
1
So still der Tag! Im Felsenschoß
der klare Bergsee regungslos
und Himmel, Wolke, Baum und Stein
gestillt im eignen Widerschein,
begegnend sich im Spiegelraum
wie sich der Träumende im Traum;
in eins verschlungen Nah und Weit,
im Augenblick die Ewigkeit.
Ganz so empfang ich mich zurück
aus deinem Dasein, deinem Blick
und hab mich selbst in dir.
Und Frieden. Fernher das Geläut –
o Glockenton der Kinderzeit
um Alm und Weidetier!
2
Die Bäurin sah uns an und schwieg.
Da wussten wir’s, wir fragten nicht,
im welkgewordenen Gesicht
stand es geschrieben: Krieg.
Und plötzlich war das stumme Wort
groß zwischen uns, ging nicht mehr fort,
es schwieg und dennoch sprach es mit
und folgte Schritt auf Tritt.
War zwischen uns und wuchs und wuchs
und hatte Flügel, dunkel, schwer,
erhob sich schweren Flugs,
flog lautlos über jedes Haus
durchs ganze Land bis an das Meer
und jedes Licht ging aus.
3
Wir starrten in die fremde Nacht;
auf deinem bebenden Gesicht
lag tränenhell das Sternenlicht,
rann über deine Wangen sacht
so pausenlos wie Zeit verrinnt.
Wir gaben uns den Mund, die Hand;
was uns in jeder Nacht verband,
war mehr als Haus und Bett und Kind.
Nach Osten rollte Zug um Zug,
kein Lied, wie tot, und dennoch schwer
von Leben, das er trug.
Rings hielt das Land den Atem an:
Da rollt mein Blut, da rollt das Heer,
aus jedem Haus ein Mann.
4
Dann saß das Kind auf meinen Knien,
ich sah die Blumenaugen blühn,
wie unter Blumen sprang der Quell
der kleinen Stimme silberhell.
Die Haut so licht, die Stirn so klar,
wie duftete das liebe Haar!
Und wie ihr Ärmchen mich umschlang
so morgenselig, abendbang!
Und wieder trat das finstre Wort
stumm zwischen uns; als träumte mir,
vertauscht war Zeit und Ort;
ein ganzes Leben, fort im Nu,
die Mutter einst, nun seid es ihr,
und Abschied immerzu.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-11-189.php#3227

Der ewige Kreislauf
Vor fast 400 Jahren stellte Friedrich von Logau die absolute Nutzlosigkeit des Krieges in einem seiner Sinnsprüche fest. Aber wie das so oft ist: Das Einfache ist am schwersten zu verstehen.


Ein Gedicht über den dreißigjährigen Krieg
Der dreißigjährige Krieg war für einige barocke Dichter eine prägende Erfahrung. Dies ist eines der berühmtesten Gedichte über den Krieg aus jener Zeit.


Ein Anti-Kriegslied
Ein Plädoyer gegen den Krieg zu einer Zeit, als dieser ein beliebtes Mittel der Politik von Monarchen war, ist dieses Gedicht von Claudius.


Prophezeiung
Was eigentlich ein Kriegsgedicht aus dem Dreißigjährigen Krieg ist, liest sich wie eine Prophezeiung des Zweiten Weltkriegs.
Friedrich von Logau · 1605-1655
Das tausendjährige Reich
Tausend goldne Jahre werden von den Propheten itzt versprochen.
Wie es scheinet, sind die nahe; denn dergleichen Gold zu kochen,
Hat der Krieg bereits zu Kohlen Städt’ und Dörfer abgebrochen.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-11-189.php#1179

Ein Gedicht über Leipzig 1813
Die berühmte Völkerschlacht zu Leipzig 1813 wird in diesem Gedicht von ganz unten betrachtet als das, was sie war: ein blutiges Gemetzel.


Ein vereinnahmtes Kriegsgedicht
Dieses Gedicht über den Krieg wird gerne auch von Kriegern zitiert, was zeigt, dass Krieger nicht gut im Lesen sind. Der Tod schlägt lapidar und beliebig zu. Die Kameradschaft ist nur eine der Worte, nicht der Taten, wie die letzten Strophe zeigt.


Wie ein Krieg beendet wird
Ein Distichon aus der Zeit als noch das Bürgertum eifrigst für jeden Krieg zu haben war, solange er nicht im eigenen Garten stattfand.
Eduard von Bauernfeld · 1802-1890
Volkswehr
Ist erst der Bürger gefallen, der Fabrikant und der Kaufmann,
Und der Professor dazu, machte sich der Frieden von selbst.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-11-189.php#1947

Nachruf
Ein sehr bewegendes Dokument aus dem Dreißigjährigen Krieg ist das Gedicht von Andreas Gryphius. Auch in diesem Krieg starben nicht nur Soldaten.

