Unterm Lyrikmond

Gedichte lesen, schreiben und interpretieren

Gedichte als Liebeserklärung 1

Da fehlen mir die Worte, wird mancher sagen, wenn es um eine Liebeserklärung geht. Wie gut, dass es Dichter gibt, die einem die Worte in den Mund oder in die Tastatur legen. Schön gereimt, wohlgeformt bieten sie ihre Gedichte als Liebeserklärung an.

 
 

Ein guter Grund

Liebe kann ein guter Grund für alles mögliche sein. In diesem Gedicht gibt es eine kleine Auswahl.

Georgi Kratochwil · geb. 1979

Du bist mein Grund ...

Du bist mein Grund, am Morgen aufzustehen
und harte Tage klaglos zu erleiden.
Du bist mein Grund, das Schöne nur zu sehen
und keine Widrigkeiten feig zu meiden.
Du bist mein Grund, erwartungsvoll zu beben,
und läge auch die ganze Welt in Scherben.
Du bist mein Grund, das Leben auszuleben
und wärst der einzig gute Grund zu sterben.

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Liebeserklärung à la Meer

Ein äußerst praktische Liebeserklrung enthält das folgende Gedicht: Das Wichtigste an der Liebe ist, am Strand zu liegen.

Hans Retep · geb. 1956

Du bist wie das Meer

Du bist wie das Meer für mich:
Mal kommst du mir näher,
mal weichst du zurück,
doch du bist immer da,
damit ich an deinem Strand
neue Kraft schöpfen kann.

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Auf immer und ewig

Keine Kompromisse kennt die folgende Liebeserklärung:

Hans Retep · geb. 1956

Schwur

Ich bin dein,
du bist mein,
das soll niemals anders sein.
Lass die schönsten Frauen lächeln
und die reichsten Männer hecheln:
Ich bin dein,
du bist mein,
das wird niemals anders sein.

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Der richtige Tag

Da hat der Dichter wohl auf den Kalender geguckt, sein Horoskop befragt und den Mondstand begutachtet, als er zu dem Schluss kam: Dies ist der Tag ... für eine Liebeserklärung.

Hans Retep · geb. 1956

Dies ist der Tag ...

Dies ist der Tag,
An dem ich Dir sag,
Wie sehr ich Dich mag
Und ich nicht übertriebe,
Wenn ich dir sagte, ich liebe –
Nur Dich.

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Eine flauschige Liebeserklärung

Ein Küken im Herzen hat das lyrische Ich in diesem Gedicht und statt über Herzrhythmusstörungen zu klagen, ist es froh darum. Wenn das nicht Liebe ist!

Hans Retep · geb. 1956

Mein Küken

In meinem Herzen gibt's ein warm und lauschig Nest
mit einem Küken, das mir keinen Frieden lässt.
Es ruft bei Tag und in der Nacht, es gibt nie Ruh.
Und dieses Küken, das bist du.
Doch bitte, bitte, sei mir niemals wieder still,
weil ich mein Küken liebe und nicht missen will.

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Eine abgebrochene Liebeserklärung

Das ist leicht gesagt, dass man vorher nachdenken sollte, bevor man eine Liebeserklärung abgibt. Hier rettet sich das lyrische Ich in Massenhysterie.

Hans Retep · geb. 1956

Dein Anblick, 2. Version

Dein Anblick lässt Rosen erblassen,
die Tulpen, sie neigen ihr Haupt.
Was red ich?
Mein Hirn hat mich verlassen.
Die Sprache ist völlig verstaubt.
Doch das Herz will vom Trommeln nicht lassen,
und es trommelt zusammen die Massen,
bis auch ihnen der Verstand geraubt.

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Spielerische Liebeserklärung

Ein bisschen Spiel, ein bisschen vorgehen, ein bisschen zurückweichen, das erhöht die Spannung in der Liebe, die sich in diesem Gedicht in einer Liebeserklärung auflöst.

Margareta Hennen · geb. 1949

Nicht dass du meinst ...

Nicht dass du meinst, ich möchte dich gern küssen.
Es ist der Wille, der mir dazu fehlt.
Ich werde dich aus Vorsicht nicht mehr grüßen,
dass der Gedanke dich dann nicht so quält.

Nicht dass du meinst, ich will dich an mich drücken.
Ich denke doch im Traum gar nicht daran.
Auf keinen Fall will ich dich jetzt beglücken.
Das bildest du dir ein, mein lieber Mann.

Nicht dass du glaubst, ich wünschte mich zu dir,
und liebend gerne läg ich dir zu Füßen.
Da ist etwas, wie Zwang ganz tief in mir,
kein freier Wille, doch ein starkes Müssen.

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Erinnerliche Liebeserklärung

Wichtig bei der Liebe ist nicht, wie sie anfängt, sondern dass sie (er-)innerlich bleibt, wie diese Liebeserklärung zeigt.

Gesine Cahenzli · geb. 1966

du

wo du
wie du
warum du
mich berührtest
wortlos lächelnd
im Gemenge
der Zeit
zwischen lichtern
betriebsam
im Spaß
und
Angstgebilden
aus Glas,
das
weiß ich
kaum noch,
doch,
dass du
bei mir bliebst
und
Halt
mir gibst
jeden Tag,
das
erinnerlich
ich

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Liebesopfer-Sonett

Liebe als manchmal gar grausames, aber doch unverlangtes Opfer wird in diesem ganz traditionell gebauten Sonett besungen.

Sascha Lubke-Tjurn · geb. 1998

Dass mancher Peitsche ich den Rücken streckte ...

Dass mancher Peitsche ich den Rücken streckte
Und willig ließ an manchen Pfahl mich ketten;
Dass Stammgast ich von hundert Folterstätten
Und hundert Zellen schon mein Blut befleckte;

Dass vor Entbehrung ich zurück nicht schreckte
Und schnaubte, mich auf Stroh statt Stoff zu betten;
Dass ich die Träume suchte nicht zu retten,
Aus welchen oft der wehe Schmerz mich weckte,

Hast, Liebster, du als Opfer nie empfangen! –
Doch dient der Liebe dornigem Beweise
Die Seele nicht, die Sänger sich ersangen.

So dulde weiter ich den Jammer leise,
Denn opfern sich und Opfer nicht verlangen
Dient doch der Liebe auf die schönste Weise.

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Selbstvergessene Liebeserklärung

In einer Bilderpracht, die an den Barock erinnert, versinkt hier ein Ego im Liebesschauer.

Dörmann: Liebesschauer

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Liebe trotz alledem

Seltsam besonnen drückt Ringelnatz hier seine Liebe aus. Er war halt nicht nur ein Spaßmacher.

Ringelnatz: Ein Liebesbrief

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Auf dem Weg zur Liebe

Diese Liebeserklärung schildert in einfachen Bildern den Weg zu ihr.

Münchhausen: Lebensweg

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Liebeserklärung aus der Ferne

Aus der Ferne klingt dieses „Ich hab dich lieb“-Gedicht etwas wehmütig.

Wedekind: Alte Liebe

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Sehnsüchtige Liebeserklärung

Eine etwas seltsame, zur körperlichen Innerlichkeit neigende und sehnsüchtige Liebeserklärung präsentiert das folgende Gedicht.

Hans Ehrenbaum-Degele · 1889-1915

Seit mich deine Arme auserkoren ...

Seit mich deine Arme auserkoren,
Muss ich immer eine Sehnsucht haben:
Tief in deinem süßen Schoß begraben
Möcht’ ich ruhen oder ungeboren,
Dass ich jeden roten Herzschlag spürte,
Dass mich tränkend jede Ader flösse,
Dass ich ewig deinen Leib berührte,
Der mich ewig wie ein Kelch umflösse.

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