Gedichte als Liebeserklärung 2
War früher mehr Liebe? Schwer zu sagen, aber ganz bestimmt gab es mehr Liebesgedichte, denn die Modernen habe es nicht so mit den Gefühlen im Gedicht. Von daher kann man sich hier auf einige wunderbare Liebeserklärungen der alten Meister freuen.

Ein Ich-liebe-dich-Gedicht
Friedrich Rückert bietet zu Beginn den Klassiker unter den „Ich liebe dich“-Gedichten. Anapher sei Dank – so heißt die Wiederholung am Versbeginn –, ist das Gedicht als Liebeserklärung sehr eindringlich.


Noch eine Liebeserklärung von Friedrich Rückert
Dieser Rückert hat anscheinend viel zu erklären, wenn es um die Liebe geht. Nur die Liebe zur Wiederholung muss er nicht erklären, die sieht man auf den ersten Blick.


In Liebe Storm
Auch Theodor Storm setzt auf die Kunst der Wiederholung in seiner Liebeserklärung, ist dabei aber etwas gemäßigter oder feinfühliger als Rückert.


Frühling und Herbst
Sehr jahreszeitlich geht es in dieser Liebeserklärung zu. Die alte Geschichte: Ein Herbst erhofft sich von einem Frühling etwas Sonnenschein.
Alfred Scholtz · n. bek. um 1900
O bleibe!
Du bist der Frühling, bist das Glück,
Balsam für Weh und Wunden,
In deiner Augen Sonnenblick
Muss alles Leid gesunden.
Wie liegt mein Lenz so weit entfernt, –
Doch seit ich dich getroffen,
Hab’ wieder glauben ich gelernt,
Und lernte wieder hoffen.
O bleibe! lass mich nicht allein
In schmerzlich stummem Härmen:
Gönn’ mir ein bisschen Sonnenschein,
Im Herbst mich dran zu wärmen!
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Eine perlenhafte Liebeserklärung
Friedrich Rückert beherrscht nicht nur die Wiederholung, sondern auch die Kunst, eine Liebeserklärung in poetischen Bildern abzugeben.


Wie aus der Kanone geschossen
Und hier gibt eine ganze Breitseite an Liebeserklärungen, die an einen alten Ina Deter-Hit erinnert: „Neue Männer braucht das Land“, wo es heißt „Ich sprüh’s auf jede Häuserwand ...“.


Liebeserklärung in Vertretung
Alles muss man selber machen! Wenn da jemand nichts erklären will, muss man selbst erklären, dass sie oder er liebt.
Siegfried Kopper · 1820-1879
Verräter der Liebe
Vergebens willst du hehlen es,
du liebst;
deine Augen, sie erzählen es,
du liebst!
deine Wangen, die beschwören es,
du liebst!
du schweigst, – und alle hören es,
du liebst!
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Liebeserklärung aus dem Mittelalter
Anleihen aus dem alten Rom nimmt diese mittelalterliche Liebeserklärung, denn in der Liebe geht es – zumindest bei Männern – um Eroberungen.
Der von Gliers · etwa 13. Jhdt.
Könnt ich die ganze Welt besiegen ...
Könnt ich die ganze Welt besiegen,
wie Julius Cäsar Rom bezwang,
würd meine Freude doch versiegen,
spräch sie zu mir: „Nein, habt nur Dank.“
Ich wollte lieber kein Kaiser sein,
falls ich die liebe Fraue mein
nicht sehen dürfte an allen Tagen;
so möchte ich nie eine Krone tragen.
Wahrlich, nicht klein
kann meine Liebe sein.
Sie ist alles, was ich bin,
Leib, Geist und Sinn.
Übertragen aus dem Mittelhochdeutschen von Heinz Graumann
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Eine barocke Liebeserklärung
Beständigkeit in einer unbeständigen Welt wird in dieser Liebeserklärung versprochen. Die Bebilderung ist für ein barockes Gedicht noch sehr gemäßigt.
Johann Rist · 1607-1667
Sie rühmet ihre Beständigkeit
Mein Herz ist nicht von Wachs, mein Herz ist nicht zu gleichen
Den Winden, die bald Ost, bald West herummer schleichen,
Es ist nicht wie ein Schiff, das nach der Wellen Lust
Bald hier, bald dort einläuft; Ach! Mir ist nichts bewusst,
Als nur beständig sein. Mein Lieben soll bezeugen,
Dass es zu seinem Schatz als ein Magnet sich neigen
Und tapfer halten will. Kein andrer wird gedrückt
In meine keusche Seel’, als den ich erst erblickt.
Die Sonne zwar steht auf und geht des Abends nieder,
Der bleiche Mond nimmt ab und kommt gefüllet wieder,
Auf Hitze folget Kält’, auf Regen Sonnenschein,
Auf Traurigkeit die Freud’, auf Scherzen Schmerz und Pein.
Mein Herz ist nicht all so, das lässt sich nicht erregen,
Das soll kein falscher Sturm in Lieb’ und Leid bewegen,
Ich halte wie ein Fels, der an den Ufern steht,
Bei welchem Wind und Flut zu Spott vorübergeht.
Solang’ ein Tier sich wird mit Seinesgleichen paaren,
Solang’ ein Schiffer wird die Wellen überfahren,
Solange Sonn’ und Mond noch haben ihren Schein,
Solang’, O Daphnis, sollst du mein Herzliebster sein.
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Liebeserklärung eines Romantikers
Es gibt haufenweise Literatur dazu, was die Lyrik der Romantiker auszeichnete. Man kann es aber auch kurz fassen: Sie neigten zu Übertreibungen. Brentano gibt seine Liebeserklärung ab, als sei er am Rande des Nervenzusammenbruchs im Gedanken daran, dass diese Liebe einmal ein Ende fände. Und der ganze Aufwand, den er treibt, führt letztlich dazu, dass sich die Herzen mal wieder auf Schmerzen reimen.


Eine Liebeserklärung trotz alledem
Das ist wohl die härteste Liebeserklärung von allen: Ein Mann, der durch den bitteren Panzer einer Frau schaut, als wäre dieser aus Glas.

