Unterm Lyrikmond

Gedichte lesen, schreiben und interpretieren

Lustige Liebesgedichte 1

Manchmal macht die Liebe so viel Spaß, dass man den ganzen Tag nur lachen könnte, manchmal ist sie bei aller Liebe nur mit viel Humor zu ertragen. Die lustigen Liebesgedichte dieser Seite verstehen sich eher als Spaßmacher, um mit den Dichtern zu lachen oder über die etwas seltsamen Gestalten, die sie sich ausgedacht haben. Die Klassiker der Branche sind mit ihren lustigen Liebesgedichten auf Seite 2 zu finden.

 
 

Ein temporeiches Liebesgedicht

Anatomie und Astronomie müssen in diesem Liebesgedicht ziemlich leiden, damit es lustig wird.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Liebesrausch

Als ich dich das erste Mal sah,
raste mein Herz durch einen Tunnel
ins Licht.

Als ich dich das erste Mal küsste,
hob mein Hirn von der Startbahn ab und
durchbrach die Schallmauer.

Als ich dich das erste Mal liebte,
flog jede Zelle meines Körpers mit
Überlichtgeschwindigkeit bis ans Ende des Universums
und wieder zurück.

Jetzt lieg ich hier
neben dir,
ich bin das Weltall
und du die Sterne darin,
und die schwarzen Löcher
lächeln uns an
in ihren rosa Tüllröckchen.

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Gedicht über Liebe und Geld

Beim Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf, doch wie ist es in der Liebe? Obwohl Liebe blind machen soll, wird blindes Vertrauen in diesem Gedicht nicht empfohlen.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Die Antwort

Als sie sagte „Ich liebe dich“,
da fragte ich:
„Du bist also bereit,
mir 10.000 Euro zu leihen,
in bar, ohne Vertrag, keine Zeugen?“
Und während sie noch überlegte,
verließ ich wortlos das Haus.

Natürlich wäre ich auch gegangen,
wenn sie spontan und bedingungslos
„Ja“ gesagt hätte.
Ein derartig leichtfertiger Umgang mit
Geld ist keine Basis
für eine langfristige Beziehung.

Die einzig akzeptable Antwort
wäre gewesen:
„Ja, wenn du mir sofort dein Auto überlässt,
damit ich es in einer Schrottpresse
zu einem Würfel formen kann.“
Denn Liebe ist (realistisch betrachtet)
die Kunst der Harmonie
von Geben und Nehmen.

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Alt trifft Jung

Eine etwas schräge Perspektive bietet dieses Liebesgedicht, wo ein alter Herr anscheinend eine junge Frau im Supermarkt trifft, doch die Liebe bleibt nur in Gedanken.

Hans Retep · geb. 1956

Die Polizei der Träume

Sie sieht aus wie eine gute Fee,
Sinnt so lieblich vor der Konfitüre.
Ach, ihr Anblick tut mir wahrlich weh;
Macht er doch, dass ich mein Alter spüre.

Halt! Das ist zu schnell, erst überleg:
Könnt sie nicht 'nen Alterssprung erwägen?
Wüsst die Wissenschaft hier einen Weg?
Solch ein Fortschritt hätte meinen Segen.

Was ist schon ein Plus von zwanzig Jahr'
Draufzulegen gleich von heut auf morgen?
Selbst mit Falten wär sie wunderbar,
Und die Cremes, die würd ich ihr besorgen.

Da ein Kuss. Ihr Freund? Welch böser Streich;
Meine Träume scheitern an der Schwelle.
So ein Freund kommt Polizisten gleich:
Braucht man keine, sind sie stets zur Stelle.

Nun ... viel Glück, du kleine, feine Fee,
Sieht so aus, als ob ich dich versäume,
Und die Polizei (auch wenn's mir weh)
Hüt dich gut vor alter Männer Träume.

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Gedicht über Kosenamen

„Schatz“ kann ja jeder oder „Kartoffelblümchen“, aber sich etwas richtig Originelles ausdenken als Kosenamen für die Liebste, das ist nicht so einfach – und auch nicht ungefährlich.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Frau mit Pfanne

Wenn ich dich so anschaue,
solltest du eigentlich
„die Göttliche“ genannt werden.
Ach nein, da gab’s mal eine Schauspielerin,
schon lange tot,
die hieß so,
und wer möchte wie eine tote Schauspielerin heißen?
Besser …
Schönste aller Zeiten, aller Welten.
Ja!
Nein, auch nicht.
Hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen
könnte es ja noch jemanden geben.
Hm.
Was jetzt?
Ich hab’s!
Sprossi!
Das passt!
Dir nicht?
Oh.
Aber du hast doch …
Möchtest du nicht?
Dann bleiben wir halt bei
Bratpfännchen.
KLONNNNG!

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Ein Liebesgedicht aus dem Pott

Ausnahmsweise mal ein Dialektgedicht, wobei der Ruhrpottslang nicht so recht als Dialekt anerkannt ist. Lustig ist es trotzdem und viel Liebe steckt auch drin. Watt willze mehr?

Hans Retep · geb. 1956

Watt Liebes

Ach nee, watt is datt schön,
wie wir hier liegen tun
mit meine an deine Plauze
und küssen uns auf die Schnauze
und können nich mehr ruhn –
bis datt wir stöhn.

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Watt der Dichter sacht
Eigentlich ist „datt“ und „watt“ nicht mein Ding. Klingt zwar wie Heimat, höre ich auch gerne, doch nie zuvor habe ich ein Gedicht im Ruhrpottslang geschrieben und auch nach diesem lange keins mehr, aber hier überkam es mich. Das hatte seinen Grund. Ich kann alles erklären. Mich trifft keine Schuld.

Der Kurt Schwitters hat Schuld oder der Herausgeber Steffen Jacobs, der Die liebenden Deutschen auf den Buchmarkt geworfen hat. Warum lässt der auf dem Umschlag ein „Liebesgedicht“ von Kurt Schwitters erscheinen, wo sich Schnauze auf bautze reimt? Ich meine, Schnauze im Liebesgedicht, ist das verstattet?

Und dann ging es natürlich los: Schnauze, da reimt sich Plauze drauf. Und am Ende stand Watt Liebes mit dem etwas ungewöhnlichen Reimschema abccba, also ein doppelt umarmender Reim – wie passend.

Klar, mich hat niemand gezwungen, den weiblichen Paarreim in der Mitte metrisch vor einen Spiegel zu platzieren: xXxxXxXx / xXxXxxXx. Und dann noch zwei männliche umarmende Reime oben drüber und unten drunter zu legen, klassisches Sandwich sozusagen. Nur dass die männlichen Enden unten eigentlich verkleidete weibliche sind. Bei „stöhnen“ wurde das Schwänzchen abgeschnitten. Was das ganze Bild zum Einsturz bringt. Kein Wunder, dass das Gedicht in einem Metrum interruptus endet: Ein Versfüßchen fehlt. Man sollte Kettensägen bei Orgien verbieten. Aber wie gesagt: Mich trifft keine Schuld. Was schreibt der Schwitters so versaute Gedichte.

Außerdem muss ich zugeben, so ganz pottig ist das Gedicht nicht, es müsste eigentlich „aufe Schnauze“ heißen statt „auf die Schnauze“, aber aus irgendeinem Grund mag ich es so, dass quasi hochdeutsch die Schnauze geküsst wird.

Mehr Ruhrpottgedichte, die wirklich pottig sind, serviert das Poetische Stacheltier, denn wenn man einmal damit anfängt, kann das zur Sucht werden.

 
 

Vereinigung

Eins zu werden, das ist das Ziel einer Liebesbeziehung. Mit etwas Geduld klappt das auch problemlos, wie folgendes Liebesgedicht komischerweise zeigt.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Zwei Skelette liegen ...

Zwei Skelette liegen
eng umschlungen
im Bett.
Sie suchen,
sich zu erinnern,
wie es war,
als sie noch Fleisch
am Knochen hatten.
Was tat man
und warum?
Doch es nützt nichts.
Selbst wenn
sie sich erinnerten,
ihre Knochen
und Knöchelchen
sind durcheinander
geraten, haben sich
vermischt, haben sich
verheddert. Es wäre
äußerst mühselig,
sie auseinanderzudividieren.
Sie sind nun
eins.

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Liebesgemecker

Liebesgeflüster wäre sicher netter, aber in diesem Gedicht wird nur Liebesgemecker geboten. Und das Schlimmste ist: nicht grundlos.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Liebelos

Du liebst mich nicht.
    Natürlich lieb ich dich.
Ich weiß, dass du mich nicht liebst.
    Wie kannst du das wissen, wenn es nicht stimmt?
Ich weiß es einfach.
    Dann nenne mir einen Beweis,
    nur einen einzigen Beweis,
    nur einen winzigen Beweis
    dafür,
    dass ich dich nicht liebe.
    Nun? …
    Siehst du!
Du hast noch nie mit mir …
    Was?
Kniechen, Öhrchen, Näschen gespielt.
    (Mist.)

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Kommentar:
Das Spiel gibt es wirklich, man suche bei Laurel & Hardy.

 
 

Grammatikalisches Liebesproblem

Auch wer es mit der Grammatik nicht so hat, hat ein Recht auf Liebe, wenn es immerhin mit den Reimen klappt:

Hans Retep · geb. 1956

Rendezvous mit du

Was hieltst denn du
von ’nem Rendezvous
nur ich und du
und deine Tante,
die Überspannte
und die wegrannte,
als ich bekannte:
Ich liebe du!

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Gedicht über eine himmlische Liebe

Wer sich mal gefragt hat, was die Wolken am Himmel eigentlich so treiben, wenn sie treiben, bekommt in diesem Gedicht eine donnernde Antwort.

Jana E. Hentzschel · geb. 1973

Liebesspiel

Der hilfsbereite Wind, der schiebt
genüsslich eine Wolke an;
sie ist sehr glücklich, ist verliebt,
wie unten jeder sehen kann.

Die andre fühlt es ebenso
und stürmt zu der Geliebten hin,
sehr aufgeregt, doch wahrlich froh,
denn Liebe ist der Hauptgewinn.

Dann endlich sind die zwei sich nah,
es wird gelacht und sich geküsst,
und das Gefühl ist wunderbar,
sie haben sich so lang vermisst.

Die Lust erreicht den Höhepunkt,
was manche Menschen etwas stresst;
sie zucken, wenn’s am Himmel funkt,
erstarren, wenn er’s donnern lässt.

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Lesetipp:
Mehr Gedichte von Jana E. Hentzschel hält ihre eigene Website bereit.

 
 

Ein sauberes Liebesgedicht

Dieses Liebesgedicht ist nur auf den ersten Blick schlüpfrig, tatsächlich ist es jedoch an Sauberkeit kaum zu überbieten und niemandem wird ein Schaden zugefügt. Das muss Liebe sein.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Liebe bei 60°

Meine Schlüpfer
und ihre Schlüpfer
lagen heute zum ersten Mal
gemeinsam
in der Waschmaschine.
So wie es aussieht,
steht unserem zukünftigen Glück
nichts im Wege.
Sie haben sich vertragen,
waren sittsam und friedlich,
keinem
wurde ein zusätzliches Loch gerissen.

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Telefon-Gedicht

Ein Telefon-Gedicht ohne Telefon, dafür aber mit Liebe und Lustigkeit. Daher steht es auch unter den lustigen Liebesgedichten und nicht unter den telefonlosen Telefongedichten.

Georgi Kratochwil · geb. 1979

Über die Segnungen des fernmündlichen Sprachverkehrs

Verflucht sei der Tag, an dem ich dir begegnet;
dein Bild, es lässt mich nicht mehr los.
Nun sind mir alle Tage wie verregnet,
ich muss muss muss dich wieder sehen,
was mach ich bloß?

• • •

Gelobt sei der Tag, an dem ich dir begegnet;
dein Bild, es lässt mich nicht mehr los.
Nun sind mir alle Tage wie gesegnet,
ich werde werde werde dich wieder sehen,
Allāhu akbar – Gott ist groß.

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Kurzes Liebesgedicht

Nicht nur das Gedicht ist kurz, auch die Liebe hält nicht lange, denn bei beiden ist es nicht ungefährlich, zwischen den Zeilen zu lesen.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Die kürzeste Romanze der Welt

Mir war sofort klar,
dies war die Frau, die ich suchte,
für die ich immer da sein wollte,
in guten wie in schlechten Zeiten,
bis zum Ende meiner Tage.
Doch im letzten Satz ihrer Kontaktanzeige schrieb sie:
Buschige Augenbrauen zwecklos.
Da war es aus zwischen uns.

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Liebe geht durch die Küche

Wie das folgende Liebesgedicht zeigt, ist die Küche nicht ganz unwichtig für die Liebe. Zudem wird die hohe Kunst der Metapher in diesem Gedicht genutzt, was ganz lustig sein kann.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Küchenliebe

Du kühlschrankst mich
mit eisfachlichem Blick,
doch ich herdplatte ungerührt,
gluckere geschirrlich, als ob
alles frühstückstischig wär.
Schließlich abendbrotest du
und wir mahlen gemeinsam
in obstkorbiger Stimmung.
Unsere Liebe küchenuhrt verlässlich,
und wir gefriertruhen uns erneut,
niemals stromausfällig zu werden.

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Erstes Rendezvous

In der modernen Zeiten ist es wie in der alten Zeit: Beim ersten Rendezvous mangelt es nicht an Überraschungen.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Als sich die beiden das erste Mal trafen ...

Als sich die beiden das erste Mal trafen,
sagte sie: „Nur damit das klar ist:
Ich bin nicht auf Sex aus. Manche Männer
haben da etwas merkwürdige Vorstellungen.“
Er nickte und fragte:
„Was ist mit Schach?“
Sie sah, dass er es ernst meinte,
doch sie hatte lange nicht mehr
an ihrem Eröffnungsrepertoire gearbeitet.
Also antwortete sie: „Vergiss es“,
und ging.

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Fremdsprachliche Liebeserklärung

Was schon in der Muttersprache schwer fällt, ist in fremder Sprache doppelt so schwer. Wie gut, dass in dem folgenden Gedicht ein Kurs integriert ist, der alle Verständigungsschwierigkeiten beseitigt.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Lektion 23: to declare your love to somebody

Ich liebe dich!
i lüv ye!
Liebst du mich auch?
dü ye lüv me tü?
Ich liebe dich mehr als alles in der Welt!
i lüv ye mü dün ülles in de wült!
Oh, komm her zu mir, umarme mich, küsse mich!
üh, küm tü me, ümüme me, küss me!
Unsere Liebe ist für ewig!
üe lüv üs fürüve!

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Ungeschminktes Kompliment

Komplimente machen, das will gelernt sein. Der Dichter hier hat zweifellos den Bogen raus.

Hans Retep · geb. 1956

Du bist die allerschönste Falle ...

Du bist die allerschönste Falle,
seit man erfand die Venusfliegen.
Ich hab vielleicht sie nicht mehr alle,
doch du darfst gern mich ganz besiegen.

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Lustiges Liebesgedicht übers Coolbleiben

Wie man richtig cool bleibt, wenn beim Anblick eines menschlichen Wesens Verluste gewisser Inhalte von gewissen Hohlräumen drohen, zeigt das folgende Liebesgedicht.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Selbsthilfe

Wenn ich dich sehe, stehe
ich kurz davor
den Verstand zu verlieren.
Doch dann
klappe ich die Hirnschale auf,
kratze die Reste zusammen,
forme eine Kugel daraus,
werfe sie wieder ein
und klappe die Klappe zu.
Und ob du’s glaubst oder nicht,
hinfort kreist mein Hirn
in aller Seelenruhe
rund
um deinen wundervollen Anblick.
Siehst du!
Man muss sich nur
zu helfen wissen.

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Ein Spiel nach Regeln

Wenn die Liebe ein Spiel nach Regeln ist, dann kann das Ende schneller kommen, als man denkt.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Aus dem Liebesleben eines Schachspielers

Ich habe einen Springer geopfert,
ich habe meine Dame geopfert
und dich dann
mit meinem Königsturm mattgesetzt.
Das sei ein sehr schönes Matt gewesen,
hast du gesagt.
Ich fand’s auch schön.
Das Problem ist nur:
Ein Matt beendet das Spiel.

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Ein ungleiches Paar

Als Außenstehender fragt man sich manchmal schon bei einem Paar, was sehen die am jeweils Anderen, das irgendwie besonders liebenswert wäre? Nun stellt sich heraus, das fragt sich nicht nur ein Außenstehender.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Liebe ...

Liebe
in ihrem Blick,
in ihren Gesten,
in ihren Worten;
unerschütterliche,
nie versiegende,
alles überwindende
Liebe.
Doch eines bleibt unklar:
Was findet sie
an diesem alten,
abgewrackten,
spinnerten Typen,
der ich nun mal bin?

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Das Ende vom Lied

Früher gab es „Liebestöter“ als Bekleidungsstück. Inzwischen hat auch dieser Begriff technische Fortschritte gemacht:

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Tele End

Neben der Wohnungstür
des jungen Ehepaars
steht der leere Karton
eines Riesenflachbildschirms.
Das war’s dann wohl.

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Liebesbrief-Gedicht

Die alte Kunst des Liebesbriefes wird in diesem Gedicht reanimiert. Aber vielleicht wäre es besser gewesen, sie bewusstlos liegen zu lassen.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Liebesbrief

Sehr geehrteste,
hochverehrteste,
ehrenwerteste,
allerwerteste
Frau Kramerste,

die Anreden hab ich außm Buch vom Antiqariat über Briefeschreiben.
Macht was her, nich? Aber warum ich an ihnen schreibe:
Wenn wir uns so im Flur sehn, kann ich meine Gefüle nich so sagen.
Weil wär komisch irgendwie plötzlich sowas zu sagen.
Deshalb also Brief.

Also was ich sagen möchte:

Ich libe sie mehr als alles inne Welt.

Vieleicht könn wir uns mal besser kennenlernen.
Also was halten Sie von fernsehn? Ich hab Beemer und große Leinwand.
Das is wie Kino.

Also möcht ich sie einladen. Wir kucken was sie gerne kucken.
Gut vieleicht nich Traumschiff. Traumschiff is nich so mein Ding.
Ich hoffe sie mögen Traumschiff nich so?

Aber sons alles. Sie müssen auch keinen Brief schreiben. Zettel reicht
wann sie mal bei mir kucken wolln.

Gut jetz hab ich das mal gesagt (also eigenlich geschrieben) is mir besser.

Mit freundlichste Grüße
ihr Kalli (vom 3. Stock)

PS:
Vieleicht geben sie mir dann auch den Zehner zurück,
den ich ihnen letzten Sommer anne Kasse gelien hab.
Kann man mal vergessen.
Hätt ich auch vergessen, aber ich schreib mich sonne Sachen immer auf.

Nix für Ungut.

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Ein versponnenes Liebesgedicht

Liebe macht nicht nur blind, sondern auch unbeweglich, wie das folgende, etwas versponnene Gedicht zeigt.

Katharina Rambeaud · geb. 1981

Spinnenliebe

Ein Netz hab ich gewoben,
aus Worten, zart und fein.
Und höflich, wie du bist,
setzt du dich mitten rein.

Du kannst nicht lange bleiben,
erklärst du freundlich mir,
ich nicke bloß und spinne
ein weit’res Fädchen dir.

Lass dich von mir umgarnen,
bevor du wieder fliehst,
mein hektischer Geliebter,
und rasch von dannen ziehst.

Du willst ja gerne lauschen,
doch fliegt die Zeit so schön.
Noch diese eine Sache,
dann lasse ich dich gehn.

Ich weiß, es sehnt dein Herz sich
nach Ruh’ und Einsamkeit,
ich lächle sanft und nicke,
ich bin ja gleich soweit.

Nur noch den einen Faden!
Du blickst mich strafend an,
doch Widerspruch ist schwierig,
wenn man nicht sprechen kann.

Jetzt habe ich dich endlich,
wo ich dich haben will.
Ergeben in dein Schicksal
wirkst müde du und still.

Bedecke dich mit Küssen,
vom Scheitel bis zum Zeh.
Vertrau mir, mein Geliebter,
bald tut es nicht mehr weh.

Bald hast du deinen Frieden,
mein Gift lähmt deine Wut
und auch wenn du’s nicht glaubst,
es wird doch alles gut.

Ich bette deinen Körper
auf Seide, die ihn hüllt
wie eine warme Decke,
von dir ganz ungefühlt.

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Liebes-Sonett

Mit Sonetten kann man es ja machen, mit Sonetten kann man eigentlich alles machen, denn Sonette haben eingebauten Klang, in diesem Fall Liebesgesang.

Steffen Teichmann · geb. 1960

Mathilde 1 / Sonett 82

Es lockt der März mit warmer Milde,
die Wolken ziehn verheißungsvoll,
sind Wattebäusche sehnsuchtsvoll,
ich warte auf Mathilde.

Ich träume in die Weißgebilde,
die langsam schwimmen im Türkis,
die Sonne wärmt den hellen Kies,
dort geht und kommt Mathilde.

Ich küss die Wangen von Mathilde
mit einem weichen Lippenbiss,
ich liebe dich Mathilde.

Da küsst die Lippen mir Mathilde
mit einem heißen Lippenbiss,
es liebt auch mich Mathilde.

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Ein herzliches Liebesgedicht

Wahrlich direkt von Herzen kommt das folgende etwas komische Liebesgedicht, denn ein Umweg über die Rechtschreibkorrektur im Hirn wurde gar nicht erst genommen.

Viola Rosa Semper · geb. 1996

Vong Herzem her

Halo, i bims,
1 Verera
Wollt dich sagem
du bist schöm

I schreib nix somst
nur für dir
weil
dir hab i gern,
wie
1 bir im külschrank

du bist heiß
richtig hot
wie 1 kerze
... da hab i mir mal verbramt

deshalb gibz
1 gedicht
nur für dir
vong
meine Herzem her

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Lesetipp:
Mehr Gedichte und Anderes von Viola Semper bietet ihre Website.

 
 

Die Liebe ist immer und überall

Eine Reportage aus den Niederungen der Gesellschaft bietet dieses lustige Liebesgedicht inklusive der Parodie einer Hochzeitszeremonie.

Georg Stolzenberg · 1857-1941

Der Lumpensammler ...

Der Lumpensammler
schultert seine Giftharke.

Die Leichenwäscherin
streicht über ihre schwarze Lackschürze.

Sie spazieren zusammen in den Mondenschein.

Flieder duftet.
Nachtigallen girren.

Er fasst sie um die Taille,
tätschelt ihren Bammelbusen.

Ihre Hand schlenkert gegen seine Hose.

Er greift
in den Stiefelschacht.

Die vor 25 Jahren gefundene Schlangenbrosche mit dem Diamantauge
steckt er ihr an.

Auf seinen roten Zeigefinger
zwängt sie den Siegelring mit dem blassen Stein.

Er ist hinten aufgeschnitten.

Ihre Lippen labbern ineinander.

 
 

Die Liebe am Morgen

Wenn in einem Liebesgedicht einem Liebhaber im Morgenlicht der Spaß vergeht, kann das recht lustig sein – für alle anderen.

Rolf Wolfgang Martens · 1868-1928

Unter weißen, blühenden Syringen ...

Unter weißen, blühenden Syringen
im roten Morgendämmerlicht
umschlangen wir uns.

Unsere Seelen tranken sich!

Immer heller strahlt der Tag
und ich erkenne:

Du hast eine bittere Falte um deinen Mund,
deine Stirn ist niedrig und klein.

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