Moderne Sommergedichte
Der Sommer ist noch immer eine dankbare Jahreszeit für Gedichte. Endlich kann man stundenlang durch die Natur streifen, Eindrücke und Stimmungen sammeln oder faul herumliegen und philosophieren. Was dabei an Gedichten aus der Moderne hängen geblieben ist, soll auf dieser Seite gezeigt werden.

Bewegungsloses Sommergedicht
Einerseits ist die Sommerzeit Bewegungszeit, endlich kann man jederzeit raus in die Natur, andrerseits ist nicht nur die Hitze ein Grund sich möglichst wenig zu bewegen, wie folgendes Sommergedicht zeigt:
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Atemlos
An einem strahlend schönen
Sommertag
sitzt du auf der Bank
unterm Baum
und schaust über die Felder.
Ein Schmetterling flattert hierhin, dorthin,
flattert näher, entfernt sich,
flattert näher, flattert noch näher, entfernt sich,
flattert näher, flattert noch näher und nimmt Platz
auf deiner linken Brust.
Du hältst –
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Sommer und Regen
In manchem Sommer ist das Warten auf den Regen nervenzerfetzend, denn „schönes Wetter“ hat auf die Dauer Nebenwirkungen. Eine davon ist eine gewisse Tendenz, nachtragend zu sein.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Hitzige Reaktion
Öffnet die Fenster!
Reißt die Türen auf!
Hebt die Dächer hoch!
Schreit’s hinaus zu den Nachbarn!
Ruft Freunde und Verwandte an!
Vergesst nicht entfernte Bekannte in Übersee!
Spammt das Internet!
Informiert die Medien!
Steckt’s den Geheimdiensten!
Lauft barfuß durch die Straßen
und jubelt über alle Maßen:
Es regnet!
Es regnet!
ABER:
Lasst die weissagenden Meteorologen
in ihren fensterlosen Katakomben
dumm sterben.
Zu oft
haben sie uns getäuscht.
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Gedicht über den Morgen danach
Ein Gedicht über den Morgen nach einem dieser Weltuntergangs-Sommergewitter mit einer klaren Ansage an den Himmel.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Wir kriegen sie alle
Nach Blitz und Donner,
Sturm und Hagelschlag
guckt der Sommerhimmel am Morgen
blau und unschuldig
wie ein Rotkehlchen,
das gerade einen Regenwurm verschlungen hat.
Mach dir keine Hoffnung!
Tautropfen als Beweismittel
kann deine Helfershelferin verschwinden lassen,
doch unsere Überwachungskameras
haben bisher noch jeden
Terroristen
überführt.
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Gedicht über einen schönen Sommertag
Ein schöner Tag ist landläufig einer mit viel Sonne und blauem Himmel. Poetläufig scheint ein schöner Tag jedoch eher Richtung Weltuntergang zu neigen.
Georgi Kratochwil · geb. 1979
Ein schöner Tag
Aus Sterilhimmel stiert die stumme Sonne ihre Strahlen durch alle Ritzen.
Hirnlosvögel drillen ihr Geschwätz in jedes Ohr.
Jede Bewegung kraftlos, bringt nichts ein als Schwitzen.
Alle Kopfgeschossenen brüllen außer sich im Chor:
Welch schöner Tag!
Die Sonne scheint,
welch schöner Tag!
Wäre es, wenn die scheiß Erde endlich explodierte
und all die Idioten in den Himmel käm’
und hätten ewig Tag und ewig schön.
Dann würden wir ja sehn,
wie schnell sie nach ’nem neuen Spielzeug schrien,
um’s knochig zu betatschen, willig zu zerstörn,
bevor sie wieder ausgespien.
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Sommerliche Begegnung
Komplett prosaisch läuft dieses Sommergedicht ab: Ein Vater mit seinen beiden Kindern, ein Buchfink und ein Ich. Und trotzdem ergibt sich ein poetischer Höhepunkt.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Prosaische Poesie eines Sommerabends
Die drei sind etwa fünfzig Meter entfernt,
ein Vater mit seinen beiden Kindern.
Auf dem breiten Gehweg,
der von Linden gesäumt wird,
gehen wir aufeinander zu.
Sie sehen indisch aus,
aber ich will mich da nicht festlegen,
nur die Himmelsrichtung angeben.
Der kleine Sohn geht links,
er mag vier Jahre alt sein,
das Mädchen rechts zwei, drei Jahre älter.
Etwa zehn Meter vor ihnen
pickt ein kleiner Vogel.
Halb erwarte ich, dass der Junge
ihn jagen wird.
Doch er tut es nicht.
Als die drei dem Vogel zu nahe kommen,
fliegt er in meine Richtung,
landet wiederum in sicherer Entfernung
und pickt zwischen den winzigen Lindenfrüchten
mit ihrem gelben Blattanhang.
Es ist ein Buchfink.
Ich verlangsame meinen Schritt,
weiche etwas nach rechts aus.
Gerade als ich stehenbleiben will,
fliegt er ganz nach seiner Art steil hoch
auf einen Ast.
Vater und Kinder sind im Gespräch,
wir nähern uns einander,
doch kurz bevor wir auf einer Höhe sind,
schaut der Vater mich an und sagt sanft:
Thank you.
Ich nicke ihm freundlich zu und dann
gehen wir aneinander vorbei.
Ich wundere mich,
warum er sich bedankt hat.
Ich verstehe,
warum er sich bedankt hat.
Ich muss die Sonnenbrille aufsetzen,
um meine Tränen zu verbergen.
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Im Sommer im Garten
Im Sommer im Garten, da gibt es Rasenmäher und Rasenmähermänner. Was die wohl im Sommer im Garten machen?
Hans Retep · geb. 1956
Sommeridylle
Ich bin der Rasenmähermann
Ich bin der Rasenmähermann
Ich mach den Rasenmäher an,
weil ich die Stille –
nicht ertragen kann
Am Samstagnachmittag ist schier nichts los
Wo sind die Nachbarn, wo die Autos bloß?
Die Stille wächst und wächst erstickend groß
Ich muss es tun, ich lass den Rasenmäher los
Der Rasenmäher bringt den Krach
zurück und säbelt Halme flach,
er hält die Stille schön in Schach –
Nur warum wirft der Nachbar
mit Dreck vom Dach?
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Lesesommer
Nicht nur am Strand kann man im Sommer Bücher lesen, auch zu Hause geht das sehr gut, wenn das Wetter herumspinnt.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Ein guter Tag
Mit der schwülen Hitze
war es gegen Mittag vorbei.
Wind zersauselte die Bäume,
es wurde dunkel,
dann die ersten dicken Tropfen.
Nach einer kurzen Pause
schoss das Wasser aus den Wolken,
es donnerte und blitzte,
wie aufgestaut und ausgebrochen.
Ich setzte mich wieder hin
und las weiter, wie Atticus Fink versuchte,
Tom Robinson vor Gericht zu retten.
Es war ein guter Tag, um
„Wer die Nachtigall stört“ zu lesen.
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Gedicht über sonnige Sommertage
Schönes Sommerwetter, ein Wetter wie ein Gedicht: Blauer Himmel, Sonne satt, wer kann dazu schon Nein sagen?
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Klitzekleine Bitte
Liebe
gute, alte Sonne,
Schöpferin allen Lebens,
ich,
ein winziges, wässriges Wesen
vom wassergetränkten Planeten
habe,
nachdem du uns in deiner unübertroffenen Großzügigkeit
vierzehn Tage lang von morgens früh bis abends spät
mit deinen nimmermüden Strahlen
aus blitzeblauem Himmel beschenkt hast,
eine klitzekleine Bitte:
Verpiss dich!
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Noch ein Gedicht übers Sommerende
Obwohl dieses Gedicht aus dem 19. Jahrhundert stammt, wirkt es doch wesentlich moderner als manch ein Gedicht aus späterer Zeit. Die Bilder und Vergleiche, mit denen der Sommer der Abschied gegeben wird, sind interessanterweise gewöhnlich und ungewöhnlich zugleich.
Emily Dickinson · 1830-1886
So unmerklich wie Kummer ...
So unmerklich wie Kummer
So schwand der Sommer fort –
Zu unmerklich zuletzt,
Als dass es wie Verrat erschien –
Und Stille kam hervor,
Wie eine Dämmerung längst begonnen
Oder Natur, die mit sich selbst
Einen abgeschiednen Nachmittag verbrachte –
Der Abend zog früher ein –
Der Morgen schien fremd –
Eine noch höfliche, doch grausame Gnade,
Als ob ein Gast gegangen wäre –
Und daher, ohne einen Flügel
Oder die Nutzung eines Kiels,
Entkam unser Sommer leichthin
In Schönheit –
Übertragen aus dem Englischen von Hans-Peter Kraus
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Ein Gedicht über Sommerhitze
Am liebsten würde man sich in diesem Sommergedicht in einen kühlen Keller flüchten, aber besser ist es wohl, dieses seltsame Schiff im Auge zu behalten.
Dyrk Schreiber · geb. 1954
Und fern ein Schiff
Der Mittag glüht sich menschenleer,
den Schatten spenden alte Linden.
Die Gasse schwitzt und atmet schwer,
sie langt, wie wir, nach kühlen Winden.
Auf Dächern schief beäugen Krähen
den ersten Gang Getreidemähen.
Im Korn nur jemand, der sich schnäuzt,
und fern ein Schiff, das lautlos kreuzt.
Am Weg entlang das Kraut verbrennt,
der Brunnen röchelt nur noch Tropfen.
Wie eigen Spechte permanent
ein totes Holz nach nichts abklopfen!
Und Berge hoch die Pinien stehen,
weit über Dorf und Felder sehen,
dass jemand sich die Nase schnäuzt
und fern ein Kriegsschiff lautlos kreuzt.
Sie langt, wie wir, nach kühlen Winden,
die Gasse schwitzt und atmet schwer.
Den Schatten spenden alte Linden,
der Mittag glüht sich menschenleer.
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Computer-Sommer-Gedicht
Früher war bekanntlich alles besser, auch die Sommer, doch die Gegenwart weist eindeutig in eine glorreiche Zukunft: Der Sommer kommt aus dem Computer.
Dyrk Schreiber · geb. 1954
Aufklappbarer Sommer
Was leicht fällt:
Den Laptop auf- und zuklappen
Was nicht so leicht fällt:
Die Stadt verlassen
zu sehr sind ihre grellen Lichter
ihre bunten Gerüche
uns lieb geworden
Doch sind
bei offenem Gerät
die Angebote günstig für eine
sagen wir: Sommerfrische
weil das Verlassen
gar kein Verlassen ist
und wir schnell wieder zurück sind
Zuklappen reicht schon
nach all den idyllischen Windrädern
und elektrischen Zäunen
den morbid-schönen Schobern
voller Fremder aus Afrika
und dem unbeschreiblich individuellen
Stolpern über Wurzeln eines
hochgepixelten Dorfweges mit Holzbank
auf der sich ein Huhn
zutraulich neben einen setzt
Morgen können wir das alles
wieder aufklappen
bevor wir
auf einem Zettel lesen:
Unsere Nachbarin
hat schöne braune Augen
und Federn
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See-Sommergedicht
Ein Gedicht über einen relaxten Sommertag am See, wenn da nicht dieser eine Wunsch wäre, die sommerliche Starre ein bisschen zu sabotieren.
Samira Schogofa · geb. 1958
Tag am See
An diesem reich durchsonnten Tag
hält mich der See in seinem Bann.
Ich schaue träg, gedankenkarg
die spiegelglatte Fläche an.
Möcht’ Steine übers Wasser flitschen!
Sie soll’n den Spiegel ramponieren.
Wenn sie so auf das Wasser titschen,
auf Wasserringen jubilieren,
dann tanzt mein Herz leis jauchzend mit
den Kräuselwellen auf dem See.
Das Glatte, das der Stein durchschnitt,
wirkt fad, wenn ich das Runde seh’.
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Gedicht über eine Hitzeperiode
Angedroht wird es ja schon seit Jahren: Die Sommer werden zukünftig heißer. In diesem Gedicht wird die Zukunft vorweggenommen mit satten dreizehn Wochen Hitze.
Jana E. Hentzschel · geb. 1973
Ausgetrocknet
Die Sonne scheint seit dreizehn Wochen
und anfangs war das auch sehr schön,
doch wenn die Straßen langsam kochen,
ist Sommer nicht mehr angenehm.
Der Schweiß rinnt stets aus allen Poren,
das Herz kämpft müd’ um jeden Schlag,
beim Denken staubt es aus den Ohren,
so manches Hirn vertrocknet arg.
Die Meise kann nicht weitersingen,
kann nicht den kleinsten Hüpfer mehr,
geschweige denn die Flügel schwingen;
auch sonst herrscht wenig Flugverkehr.
Der Rosenbusch, der raschelnd zittert,
war einst ein großer Schattenplatz.
Jetzt sieh’ ihn an, er ist zerknittert,
hat Schatten nur für einen Spatz.
Und auch am Fluss, der rauscht sonst prächtig,
da hat die Sonne gut geleckt,
der Bachforelle dämmert’s mächtig,
dass sie demnächst hier festesteckt.
Nervös sind auch die Wetterleute,
gesucht wird fieberhaft ein Tief:
„Es kommt der Regen – nur nicht heute,
wir bleiben aber positiv.“
Dann plötzlich sehen in den Karten
die Wetterfrösche am PC
ein Wolkenband in Island starten,
bald gibt es Regen – oder Schnee.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-10-23.php#2185
Lesetipp:
Mehr von und über Jana Hentzschel auf Ihrer Website: www.janahentzschel.de.

Ein Gedicht wie gemalt
In Bildern spricht dieses spätsommerliche Gedicht und hat dabei einen Hintergedanken, der am Schluss enthüllt wird.
Kaia Rose · geb. 1974
Zuflucht
Könnte ich malen
wäre dies der Moment
den Pinsel zu zücken
Grün für die Hoffnung
die noch warm
die Hügel überzieht
Erste Sprenkel von Rot und Gold
lächeln dazwischen
dem Herbst entgegen
An den Weinstöcken prangen
süße Versprechungen
in kräftigem Violett
Eine Prise Sonnenlicht
und ein paar Tränen
für den Aquarell-Effekt
Und dann hineinsteigen
in mein Bild
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-10-23.php#2227
Kommentar:
Dieses Gedicht war einer der 12 Finalisten aus über 1600 Einsendungen für das Gedicht des Jahres 2018. Aktuelles von Kaia Rose findet sich auf ihrer Facebookseite.

Spätsommer-Impressionen
Der Spätsommer weckt den Herbst, weckt die Erinnerung an die eigene Vergänglichkeit, die noch einmal verdrängt werden kann.
Katja A. Freese · geb. 1973
Der Regen trifft die Esche ...
Der Regen trifft die Esche
tränt von Grün zu Grün
rinnt den Morgen herab
ruhiger grauer Gleichklang
ahnungsvoll
Die Linden zur Straße hin
vergilben still raschelnd
verloren, die ersten Blätter
dunkelgefahren auf dem Asphalt
zu gewiss
Ich erblicke mich im Fenster
in den Regen gespiegelt
reiße mir ein weißes Haar aus
ziehe den Vorhang über den Tag
noch ist Sommer
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-10-23.php#2237
Lesetipp:
Mehr von Katja A. Freese auf ihrer Wordpress-Seite.

Ein Sommergedicht von Ringelnatz
Sommerzeit ist auch immer Urlaubszeit und so nimmt es nicht Wunder, dass Ringelnatz das Faulenzertum in seinem Gedicht zum Sommer predigt.


Ein abkühlendes Sommergedicht
Eines der Sommergedichte, bei denen man ein Handtuch bereit legen sollte, um sich nach einem erfrischenden Bad abzutrocknen.
Georg Stolzenberg · 1857-1941
In die schwüle Sommernacht ...
In die schwüle Sommernacht
durch die starren Tannenstämme
schimmert der See.
Die Kleider hin!
Meine Arme treiben schwarze blanke Glaswellen vor mir hin.
Zug um Zug
in die Mitte.
Ich ruhe auf dem Rücken.
Kühle, weiche Finger fühlen meinen Leib entlang.
Meine Augen weiden in der blauen Traumwiese mit den Silberblüten.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-10-23.php#1014

Stille Nacht
Nach einem heißen, hektischen Sommertag ist jedermann froh über etwas nächtliche Stille und Abkühlung, obwohl Körperglieder und Gedanken sich etwas verwirren können.
Karl Röttger · 1877-1942
Sommernacht
Nun reift auch unser Wille
Im Sommerbrand
Und sucht die schwebende Stille
Einer Nacht im Sommerland.
Sucht das wohlige Liegen
Im Gras unterm Baum
Und das heiße Aneinanderschmiegen
Leib an Leib. Das Verhauchen im Raum.
Und es singen die Fernen
Und es singt das Land – –
Alle Zukunft, alle Sterne
Wiegen sich, schweben auf deiner Hand.
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Verhüllter Sommer
Sprachlich verhüllt wird der Sommer in diesem Gedicht präsentiert, um am Schluss selbst – natürlich verhüllt – aufzutreten.
Eduard Saenger · 1880-1948
Vorahnung
Der leise Wind durchbangt das Land
als schwänge er Geheul von Wölfen.
Wie gierig schießen die Gewächse!
Die Erde bangt um ihre Frucht
gleich einer Insel, die versinken wird.
An seiner Grenze, wo der Schnitt
des Grases mit der dunklen Süße
der Heckenrosen duftet, wo das Jahr
am tiefsten atmet, geht verhüllt
in seinem Licht der starke Sommer.
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Gedicht über einen Libellensommer
Eine Libelle und das Schwelgen in etwas diffusen Sommererinnerungen enden am Schluss, wie alles endet.
Richard von Schaukal · 1874-1942
Die Libelle
Blaublitzende Libelle,
glanzschwirrend gläserner Schwung,
stoßzuckend auf der Stelle:
Ursommerinnerung!
Mein Sommer hat hoch im Traume
des spiegelnden Himmels geschwebt
und tief im schimmernden Raume
des Brunnenrundes gelebt.
Er duftete gelb von Rosen,
farngrün und nelkenrot ...
Er schwand mir im Grenzenlosen,
starb den Libellentod.
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Ein Gedicht über ein Sommergewitter
Gewitter sind im Sommer das Kontrastprogramm zur lähmenden Hitze. Und es wäre ein Wunder gewesen, wenn sich nicht ein Dichter gefunden hätte, der daraus ein Gedicht bastelt. Dass er gleich Spaß am Gewittern demonstriert, ist wohl der typischen Übertreibungslust eines Dichters geschuldet.


Ein fruchtbringendes Sommergedicht
Eine sehr interessante Herangehensweise, die Entwicklung einer Frucht zu beschreiben, bietet Karl Röttger. Nachdenkenswert für Dichter ist die Formulierung „Alles Außen ist nur Reim“.
Karl Röttger · 1877-1942
Etwas hat seine Augen zugemacht ...
Etwas hat seine Augen zugemacht,
Die waren im Frühling aufgetan,
Die leuchteten und flimmerten, die sahn
Die Tage golden, violett die Nacht.
Und es verhüllte sich und schloss sich zu,
Als wie die Augen und das Herz eines Blinden,
Nun irgendwie, verdeckt, ist traumlos Ruh,
Im Schatten, in der Stille. Was sich zu-
Gedeckt hat, starb, nun kreist das Andere, um zu finden
Den Ausgang. Schlafend kreist die Kraft; umschlossen
Von Wänden einer großen, engen Nacht.
Und aller Saft, der da hineingeflossen,
Hat auch das Lied schon heimlich mitgebracht.
Es singt nur leise, fließend um den Keim,
Es hört es nur das Ohr der Innenwelt;
So leise ... Alles Außen ist nur Reim
Zu ihm, wenn es totstill den Atem hält.
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Im Sommer unterwegs
Unterwegs zu sein, wenn der Sommer richtig propper ist, erscheint wie ein Ausflug in ein Bilderbuch, sagt Dichter Adler und der muss den Überblick haben.
Kurd Adler · 1892-1916
Sommergang
Des reifen Sommers Stärke war im Ruch
der Bäume, Gräser und im sanften Blatt.
Ganz ausgelöscht war jede Qual der Stadt,
der Staub, der Werktag, das Gelärm, der Zug
der Gierigen. Und wie ein Bilderbuch
für Kinder nichts als Wort und Farben hat
und keinen Sinn, ward Melodie die Tat,
um die ein junger Wind die Laute schlug.
Des Landes Weite und der Äcker Kraft,
der hellen Dörfer hingegebene Ruh’,
die dünnen Sträucher und der große Blick
über der Berge heiße Leidenschaft
kam und verschwand. Verwirrt erinnerst du,
Sonntag, der Waldrand und ein dunkles Glück.
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Gedicht übers Sommerende
Dass in arabischen Märchen Menschen auf fliegenden Teppichen reisen, ist bekannt. Mit diesem Sommergedicht wird bekannt gemacht, dass auch der Sommer auf einer Wolke (ab-)reist.
Camill Hoffmann · 1879-1944
In diesen Tagen –
Auf eilender Wolke flog der Sommer ins Abendrot.
Er streifte noch einmal das Tal mit den Fischerhütten am See,
Wo hoffnungslos der hagere Fährmann sein Schattenboot
Von einem Ufer zum anderen stieß, heut und je.
Die Wolke trieb die uralte Straße hinab des Kranichzugs.
Die Weinberge flammten purpurfarben von stürzenden Hängen.
Dann blinkten Segel auf tief unterhalb ihres Flugs,
Und einsam hob sich das Meer aus Nachtgesängen.
Die letzten Leuchttürme starben. Wie heimwehbewegte Träume
Zerflossen Europas geliebte Küsten im Meer.
In diesen Tagen sank leichter Nebel. Allmählich verloren die Bäume
Das braun gewordene Laub. Und der Himmel ward leer.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-10-23.php#1260

Mehr Sommergedichte: Gedichte zu den Monaten Juni, Juli, August und September sind ebenfalls sommerverdächtig und daher einen Blick wert.