Gedichte über das Meer
Heutzutage ist wohl der erste Gedanke ans Meer: Urlaub. Auch das ist Thema in den Gedichten über das Meer, doch die Bandbreite reicht bis zu den stürmischen Seiten des Meeres, die manches Schicksal gewendet haben, und nicht alle Schiffbrüchigen landeten auf einer paradiesischen einsamen Insel.

Urlaub am Meer
Dieses Gedicht beschäftigt sich weniger mit dem Meer, sondern mehr oder weniger mit dem, was direkt am Rand liegt und seine Auswirkungen auf Menschen.
Hans Retep · geb. 1956
Strandurlaub
Ein Strand liegt am Rand
des Ozeans;
läge er mittendrin,
hieße er Strin.
Da er jedoch am Rand liegt,
ist es nur logisch,
dass er den Namen Strand kriegt.
An einem Strand passieren sonderbare Sachen,
zum Beispiel, dass die Menschen völlig verflachen.
Statt aufrecht zu gehen, liegen sie platt;
wahrscheinlich wegen der Sonne, die macht sie matt.
Doch naht die Flut, bekommen sie Beine,
und laufen senkrecht von ganz alleine,
und gehen ins Hotel und essen sich satt
und legen sich zu Bette und sind wieder platt.
So platt zu sein am Strand am Rand des Ozeans,
das nennt man Urlaub machen,
zu Hause macht man lieber andere Sachen.
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Traum und Meer
Man wird ja wohl noch träumen dürfen, selbst wenn man auf Grund gelaufen ist. Vielleicht sind die Zukunftsaussichten nicht die besten, aber Erinnerungen können so traumhaft sein wie in diesem meeresgrundtauglichen Gedicht.
Maike Suter · geb. 1966
Über ihm endloses Blau
das Schiff liegt ruhig im Wasser
über ihm
endloses Blau
die See ist heute so sanft
auf dem Oberdeck tanzen sie wieder
das Schiff aber träumt
von früher
von einer Begegnung
von einem Kuss
vor langer Zeit
ach
dieser Kuss
hoch über ihm
zieht ein Schwarm
bunt schillernder Fische dahin
die Korallen tanzen jetzt langsamer
friedlich wiegen sie sich
in der Strömung
so sanft ist die See
so blau über ihm
ruhig
liegt das Schiff im Wasser
und träumt
von einem Eisberg
vor langer Zeit
dieser Kuss
ach
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Kommentar:
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Leben und Meer
Das Meer ist eine Lebenssuppe, in jedem Tropfen tummeln sich unzählige Mikro-Lebewesen. Da denkt man besser nicht dran, wenn man mal unfreiwillig einen Schluck Meerwasser genommen hat.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Meeresleben
Alles Leben, sagt man,
entstand im Meer.
Doch vor drei Milliarden Jahren
wagte es sich an Land.
Hast du gewusst,
dass ein einziger Tropfen Meerwasser
so viel Leben enthält
wie eine ganze Großstadt?
Während dieser eine Tropfen
von deinem Schlüsselbein
hinabrollt,
kämpfen hunderttausende darin
blind ums Überleben.
Wie das wohl ist?
Frag nach
in den Slums der Ungeborenen dieser Welt.
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Meer und Fels
Steter Tropfen höhlt den Stein, so sagt man, was aber wenn da gleichen Milliarden Tropfen klopfen?
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Unterm schwarzen Himmel ...
Unterm schwarzen Himmel
wirft sich das dunkle Meer
wieder und wieder und wieder
gegen die Felsen.
Die Felsen halten stand,
noch ...
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Meeresverbunden
Wenn es stimmt, dass die Geschichte allen Lebens im Meer begann, dann sind wir auch heute noch mit ihm verbunden. Um das zu überprüfen, hilft vielleicht eine kurze Probe, wie sie in diesem Gedicht praktiziert wird.
Claudia Ratering · geb. 1961
Immer
Wieder am Meer.
Viel Zeit verging.
Es ist wie es war:
Welle um Welle,
Möwen und Brandung,
Wasser um Wasser, immer
von weit her kommend.
Die Linie am Ende.
Sie sehen und halten.
Und das, was sie hält,
umspült meine Füße,
verbindet mich mit
dem Rhythmus der Meere,
den Wassern der Welt,
dem Anfang
der Träume.
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Gestrandetes Gedicht
Dieses Meer-Gedicht ist am Strand gestrandet in Form von Plastiktüten, einer neuen Lebensform des Ozeans. Und wie das so ist mit neuen Lebensformen, da sagt Mensch: Schnell weg damit.
Claudia Ratering · geb. 1961
Strand
Im Meer
schwimmen Tüten,
aufgebeult.
Sie kommen an Land,
schwappen im flachen Wasser,
sacken zusammen bei Ebbe.
Trocknen, fliegen auf,
segeln möwengleich,
klatschen an Strandkörbe,
ducken sich
zu den Hinterlassenschaften
der Feriengäste.
Frische Inselbrötchen
mögen wir zum Frühstück.
Dann sind die Strände gereinigt,
Müll und Tüten entfernt,
und nur weit weg,
am Ostende, heißt es,
liegen Scherben im Sand.
Badeschuhe
gibt es überall zu kaufen.
Wir schauen aufs Wasser
und träumen von
Natur.
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Das Meer in früheren Zeiten
Wer am Meer lebte und Boote bauen konnte, hatte stets satt zu essen, doch es gab einen Nachteil: Fremde Besucher landeten zuerst im Wohnzimmer der Meeresanwohner. Und Besuch war in früheren Zeiten manchmal ein Fluch.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Die Schiffe
Wer das Meer zu deuten vermag,
den wird es nähren,
so sagen wir.
Doch hier gibt es nichts zu deuten.
Schiffe kommen,
zwanzig und drei,
ein Junge hat sie gezählt.
Zu viele.
All die Gebete,
all die Opfer
an den Meeresgott,
dass er diese Plage
nie wieder über uns bringe,
waren nutzlos.
Das Meer ist ruhig,
die Segel vom Wind gewölbt,
noch heute werden sie anlanden.
Der Meeresgott schläft,
das Meer verschmäht es,
sich diese Bestien einzuverleiben.
Wir werden unsere Hütten anzünden,
um die Nachbarn zu warnen,
und ins Landesinnere fliehen.
Das Meeresvolk wird ein Volk ohne Meer sein.
Es gibt nichts zu deuten,
uns erwartet eine Zeit des Hungers,
die Alten und Schwachen werden sterben,
und doch:
Wir kehren zurück,
so wie das Meer stets zurückkehrt.
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Sandstrandbaukunst
Ein Gedicht über Burgen und Schlösser auf Sand aus Sand. Ob das ein gutes Ende nimmt so nah am Wasser gebaut?
Nicole Leonas · geb. 1982
strandgut
die sonne halb versunken
helles rauschen hinter mir
ich greife feuchten sand
und tröpfle eine kleckerburg
bewundere dein schloss
mit fenstern aus schwarzen muscheln
und fahnen von kaugummipapier
wellen fluten den graben
mit winzigen silberfischen
hinter der treibholzbrücke
wachen seesterne am tor
tanzt buntes plastikvolk im hof
und kronkorkenschilde glänzen
im licht der feuerquallen
ich treibe zwischen fossilien
den algenteppich entlang
durch pendelgräser zum turm
und stufe um stufe aus salz
die wendeltreppe empor
ziehe das seegras vom fenster
der mond schwebt über dem meer
und sein spiegelbild ertrinkt
in deinen augen
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Gedicht mit Meerblick
Meerblick ist ja eigentlich der Blick aufs Meer, nicht so in diesem Gedicht. Hier wird der Meerblick als Blick des Meeres auf die Welt angeboten.
Michelle Michaux · geb. 1992
Ich bin das Meer ...
Ich bin das Meer
in meiner Liebe zum Himmel
blicke auf
jeden Tag
greife
mit jeder Welle
über mich hinaus
ihm entgegen
wachse
und falle
springe
und stürme
bis
ganz leis
ich warte.
still
spiegle ich
dein Angesicht
still
sinkt deine Sonne
in mein Herz
deine Sterne
in meine Augen
ich fange sie auf
und halte sie
still
bis der Mond
nach mir ruft
und ich recke mich
ihm entgegen
schenke ihm
meine Wärme
bis die Sonne
kommt
der Tag anbricht
der Himmel strahlt
und mit ihm
ich.
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Das liebende Meer
Die Liebe zum Meer hat sicher schon einige hübsche Gedichte hervorgebracht. Nur ist das eine Art der Liebe, die besser einseitig und auf Entfernung bleibt, denn die See ist ganz anders als sich der Liebende das vorstellt.
Lisa Haselbauer · geb. 1991
Hochseeliebe
Schau mir in die Bullaugen, Baby.
In meinen Untiefen siehst du alle, die mich je liebten,
Fischersöhne und Matrosentöchter, ihre salzverkrusteten
Knochenkäfige hübsch sortiert nach Längengrad.
Doch Ordnung herrscht nur auf dem Grund der See.
Ich klimpere mit meinen Luken, sieh genau hin –
dort, mein sturmrasendes Herz, gekrönt in blaue Gischt,
geschmückt mit sieben Wellenkämmen.
Du hast keine Angst, sagst du. Gut.
Denn ängstliche Liebhaber landen bei den Matrosentöchtern,
deren Köpfe sie nur zu leicht auf ihren morschen Wirbeln
verdrehen können.
Ich will nicht Liebhabende, sondern Liebende, hingerissen zu
meiner Stimme mit hundert Oktaven, hinab gerissen von mir
ins ewige Schwarz. Du sollst mich nicht haben.
Du musst mich lieben bis zum Ende.
Du bist lieber seekrank, als nicht bei mir zu sein.
Ein guter Anfang. Erbrich‘ die Landratten, die du essen musstest.
Alles was du brauchst ist Salzwasser und meine eiskalte Liebe,
durchzogen vom Treueglanz der Sterne.
Mitten im Sturm musst du jetzt bestehen.
Bist du der Wellenbrecher meiner Träume?
Was schreist du? Du liebst mich?
Lass mich dir den Mund auswaschen, fort mit den Landlügen.
Versuch’s nochmal!
Was hast du gesagt? Ich kann dich nicht hören.
LAUTER!
Schrei es mir in mein rauschendes, dröhnendes Antlitz,
bis deine Stimmbänder Salzkristalle bilden
und dir die Stimme zerschneiden.
Mit Eislippen küsse ich deine Augen. Sie gefrieren und
bewahren das Letzte, was sie sahen, – mich – auf ewig.
Ich nehme dir die Sicht für alles Weltliche und weine,
weil die Eisblumen in deiner Iris so schön sind.
Du bist es. Ein wahrhaft Liebender.
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Gedicht über Himmel und Meer
Ein Gedicht über eine alternative Meeresverwendung, das einen Konstruktionsfehler bei den Bewohnern der himmlischen Gefilde aufzeigt.
Anemone von Berg · geb. 1968
Vertreibung aus dem Paradies
Hoch werfe ich das Meer hinauf in den Himmel,
dass es spritzt und zischt und schäumt! Tobende
Wellen fluten den Überfluss mit wutgefärbtem Wasser!
Ich fache den Wind an, bis er Laute aus der Hölle heult,
gleich irrem Kriegsgeschrei! Engel ringen um Fassung,
schütteln ihre nassen Flügel, fallen wie Steine aus Wolken.
Erschrocken, verstört blicken sie zurück nach oben -
auf ein tosendes Meer, das einst ihr Himmel war.
Habt keine Angst, flüstere ich ihnen zu,
hier unten ist‘s jetzt warm und trocken.
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Meer vs. Küste
Das ewige Spiel von Angriff und Rückzug beim Aufeinandertreffen von Meer und Küste ist Thema dieses modernen Gedichts über das Meer.
Ildikò Tresnic · geb. 1976
Umwerbung
Leben pulsiert dein Wellenschlag,
pinienumsamtet dein wilder Körper,
du marmorst deine Haut,
brüllst Ufer,
schäumst hervor die Fackeln,
brennst dein Wasser in das unbeugsame Weiß
und Möwen
spuckst du wutentfacht.
Vergebens!
Denn sieh:
Die Küste weigert sich,
sie will dich nicht
und
wirft dich zurück.
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Kommentar:
Dieses Gedicht wurde beim 4. Lyrikond-Wettbewerb aus über 1600 Einsendungen zum Gedicht des Jahres 2018 gewählt.

Gedicht über Urlaub am Meer
Zuerst ein bisschen Urlaub. Das Alter des Gedichtes erkennt man daran, dass man damals noch am Meer spazierte. Heute reicht der Gehweg meist nur noch bis zum Strandlaken.


Gedicht über einen Strandspaziergang
Einen Spaziergang am Meer bietet dies Gedicht, allerdings mit geringfügigen Nebenwirkungen.


Meer-Ruhe
Was in dem einen Gedicht der Sternenhimmel, ist in dem anderen Gedicht das Meer: Ein Anblick, der beruhigt. Themenbedingt hier ein Beispiel für ein anderes Gedicht.


Die Stimme des Meeres
In diesem Gedicht spricht das Meer selbst. Klabund hat zugehört und die Rede aufgeschrieben.

Kommentar:
Das Gedicht stammt aus dem Gedichtband Harfenjule. Dort wurden die Gedichte in der Originalveröffentlichung ohne Versstruktur gesetzt. Jede Strophe war einfach ein Fließtext in einem Absatz. Ich habe zur Verdeutlichung der Reimstruktur eine Verseinteilung vorgenommen. Das ist von den Herausgebern Klabundscher Gedichte ebenso gehandhabt worden. Im Prinzip ist durch die Veröffentlichung als Fließtext jeder Leser eingeladen, seine eigene Versstruktur des Gedichtes anzulegen.

Meer-Ich
Das Meer in diesem Gedicht hat einen Hang zur Egozentrik und auch eine gewisse Vorliebe, den Buchstaben M auf den Kopf zu stellen, ist nicht von der Hand zu weisen.
Gertrud Goes · 1878-1915
Stimmen des Meeres
Schillernde, lachende, tosende Wellen
Singen und klingen wie silberne Schellen,
Wiegen ein Lied auf den Fluten daher;
Ich, ich, ich bin das Meer!
Grau, wie geschmolzenes Blei, müde kauern
Wasser und Wogen; sie warten, sie lauern – –
Wälzen wohl Töne, geheimnisvoll, schwer:
Ich – – Ich – – Ich bin das Meer!
Wolken und Wogen in wirbelnden Wettern
Brüllen gen Himmel. Sie dröhnen, sie schmettern
Landwärts den Sigesgesang, trotzig und hehr:
Ich! Ich! Ich!
Bin das Meer!
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Ein Gedicht über das Meer von Theodor Storm
Und hier schreibt einer der wenigen Meeranwohner unter den Dichtern ein paar Worte über das Meer und vieles mehr.


Hafengedicht
Rein menschlich gesehen braucht so ein Meer einen Hafen, so wie der Tag einen Abend braucht. Dieses Gedicht bietet beides: Hafen und Abend, sozusagen zwei zum Preis von einem.
Hugo Kersten · 1892-1919
Abend im Hafen
Die frühen Sterne überm Meer verblassen
im Lotsenfeuer und im Leuchtturmblinken.
Der Abend schmiegt sich leise in die Gassen.
Und Türme, Brücken, Dächer und Fassaden
und alle Dinge sind geheimnisschwer.
Erwartung späht durch jeden Fensterladen.
Und scheues Dunkel duckt sich an den Mauern.
Am Himmel fällt ein Stern. Das Abenteuer
hockt an den Türen, die im Dunkel lauern.
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Unwetter am Meer
Am Rande des Kitsches balanciert dieses Gedicht durch die Vermenschlichung der Natur. Doch bietet es eine sehr eigentümliche Darstellung eines Unwetters am Meer, die vielleicht dem Anblick einer nahenden Gewitterfront am Strand sogar eine komische Note gibt.


Gedicht über einen Meeressturm
In freien Versen versucht Rolf Wolfgang Martens in diesem Gedicht einem Sturm durch Sprache gerecht zu werden. Dazu wird vor allem die Lautgleichheit bei Wortanfängen genutzt, Alliteration genannt.
Rolf Wolfgang Martens · 1868-1928
Sturm ...
Sturm!
Über das schwarzblaue Meer,
mit weißen Kämmen,
bäumen sich seine Drachen.
Wie sie sich werfen!
Wütend!
Wasserberge
taumeln, tanzen,
türmen sich in den Himmel,
zerschellen zu Schlünden.
Ich kann mich nicht losreißen
von soviel Schönheit
und Kraft!
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Gedicht über einen Meeressturm 2
Sturm, Nacht, Meer – das sind die Ingredienzen dieses Meeresgedichts, und auch wenn Morgenstern drüber steht, ob’s einen Morgen gibt, bleibt ungewiss.


Gedicht über einen Meeressturm 3
Sturm ist Genuss, wenn man an Land steht und der Wind das Haar zerweht, behauptet dieses Gedicht. Wäre man auf dem Meer, sähe die Angelegenheit eine Klitzekleinigkeit anders aus, behaupte ich.


Gedicht über das Schicksalsmeer
Julius Rodenberg betrachtet die dunkle Seite des Meeres in seinem Gedicht: das Meer als Schicksalsmacht.


Allein auf dem Meer
Fast nirgendwo kann man so allein sein wie auf dem Meer, obwohl unter einem das Leben tobt. Da wundert es nicht, dass in diesem Gedicht Gedanken ans Ende aufkommen.
Ernst Preczang · 1870-1949
Auf dunkler See
Nun schillern grau die Wogen,
Ein Tag hat sich erfüllt.
Am weiten Himmelsbogen
Ist alles Licht verhüllt.
Es weht ein Nebelschleier
Gespenstisch um mich her.
Mein Boot und ich wir treiben
Ziellos auf stillem Meer.
Kein Hauch, den wir gewahren.
Die See rollt ohne Hast.
Ich weiß nicht, ob wir fahren.
Schlaff hängt das Tuch am Mast.
Es wispert leis am Steuer
Von fremden Melodien;
Sind es die Nebenfrauen,
Die um das Schiffchen ziehn?
Will uns kein Hafen werden?
Nun flattert’s dort vorm Bug
Mit höhnischen Gebärden
Und schwirrt wie Vogelflug.
Die Schatten drängen dichter
Und dichter sich herbei;
Lichtlos aus grauer Höhe
Ergellt ein Möwenschrei.
Und lautlos, lautlos wieder
Ballt sich der Dämmerrauch,
Wallt auf und senkt sich nieder
Und dehnt und streckt sich auch.
Die langen, feuchten Arme
Eng um das Boot gepresst,
So halten uns die Frauen,
die Nebelfrauen fest.
Will sich ein Grab bereiten?
Horch, wie die Wildgans schreit!
Nun ist’s, als ob wir gleiten
In die Unendlichkeit.
Sie öffnet ihre Tore
Stillfeierlich und sacht.
Auf schwarzen Riesenwogen
Reitet heran die Nacht.
Kein Stern, dass er uns leite.
Kein Mond, kein Glanz, kein Licht.
In dieser dunklen Weite
Winkt uns der Hafen nicht.
Wenn wir ihn nicht erreichen,
Mein Herz, was liegt daran?
Es ist ein Boot versunken.
Ein Boot, ein Mast, ein Mann ..
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Allein auf dem Meer 2
Nochmal allein auf dem Meer. Auch eine kurze Begegnung mit einem anderen Boot ändert nichts an der allumfassende Einsamkeit.
Ernst Preczang · 1870-1949
Im Boot
Voll bläht das Segel mir der Abendwind,
Dem leichten Druck der Hand gehorcht das Steuer.
Die Welle flüstert. Und die Welle rinnt
Um meinen Kahn wie flüssig Sonnenfeuer.
Noch einmal goss der Glutball all sein Licht
Verschwendrisch aus in goldner Wunderfülle,
Bis, lächelnd noch, das große Auge bricht,
Und still sich senkt des Abends graue Hülle.
Tiefblau steigt Wald und Hügel nun empor,
Weiß überm Wasser spinnen sich die Schleier,
Es webt und flüstert mir um Aug und Ohr
Und wandelt sich in mir zu stiller Feier.
Ich gleite lautlos durch die blanke Flut,
Vor mir im Dämmerlicht die weiten Fernen,
Tot ist der Tag! und seine große Glut
Versprengt am Himmel zu viel tausend Sternen.
Ein Segel schimmert neben mir herauf:
„Wohin so spät, Kam’rad?“ Ich hör es fragen,
– Doch eh’ ich wache, ist in seinem Lauf
Das kleine Schiff vom Winde fortgetragen.
Wohin? Wohin! Es klingt mir in den Ohren,
Flieht zu den Ufern, kehrt zurück so still
Und sitzt am Ruder neben mir verloren,
Als ob es mich nicht mehr verlassen will.
Wohin? Wohin! In nächtlich graue Weiten!
Das Glück ist tot, und das Leid ist tot.
Es starb der Tag, und mit dem Abend gleiten
Zum großen Frieden wir aus aller Not.
Sieh: Licht um Licht verlöscht am Ufersrande.
Wie finster doch die Nacht das Wasser säumt! ...
Mir aber ist, als führe ich zum Lande
Der Wundermärchen, die ich einst erträumt.
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Ein Gedicht über das Meer von Gottfried Keller
Das Meer als Waffe gebraucht, so lautet das Gedankenspiel des Dichters in diesem Gedicht.

