Ostergedichte
Seitdem goldene Osterhäschen die Macht übernommen haben, ist es mit den christlichen Gedanken rund ums Osterfest nicht mehr weit her. Das spiegelt sich auch in dieser Auswahl von Gedichten zu Ostern wider, die kaum noch religiöse Bezüge hat.

Gedicht über Osterwunder
Der Wunder zu Ostern sind viele, wie das folgende Ostergedicht zeigt. Da ist der Frühling, da ist die Auferstehung und dann noch diese komische Geschichte mit den Hasen.
Hans Retep · geb. 1956
Frohe Ostern
An Ostern feiern wir das Wunder der Natur.
Nicht nur, dass Christ jetzt auferstanden ist
und Frühlingsblüten folgen seiner Spur,
Ostern ist auch das einzig große Fest,
bei dem man Hasen Eier legen lässt.
Drum lasst die Tage froh vergehn,
denn Frühling, Has und Christ
erscheinen jedem wunderschön.
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Natur vs. Ostern
Wenn das natürliche Leben und das künstliche der Religion aufeinander prallen, dann ... gibt’s lautes Gezwitscher.
Hans Retep · geb. 1956
Krach zu Ostern
Das Spatzenpaar, es ist empört:
Nicht nur, dass man der Hühner Opfer aberkannt
und dumme Hasen nennt als Eierlieferant,
ihr schönes Nest, es wurd zerstört.
In ihren Ohren klingt das Wort wie blanker Hohn,
wenn angeblich ihr Nestbau in der Dornenkron
den religiösen Frieden stört.
Denn zeigt nicht Leben geben wahrlich Glauben pur?
Der Vorrang für den Schutz der alten Holzfigur
erscheint dagegen unerhört.
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Gedicht über Ostereier
Nicht so extrem wie zu Weihnachten, aber doch weit verbreitet ist es, die Fenster zu Ostern zu schmücken. Das könnte ja auch ganz schön sein, wenn da nicht, wie in dem folgenden Gedicht, so ein komischer Nachbar wäre.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Peinliche Ostern
Jedes Jahr zu Ostern das Gleiche:
Bei uns wird gemalt, gebastelt, gefärbt
und die Fenster geschmückt,
dass es eine wahre Freude ist.
Und beim Nachbarn links?
(Von Ihnen aus gesehen rechts.)
Der hängt am Karfreitag –
und keinen Tag früher –
seine zwei Eier an den grünen Strauch,
den er im Wohnzimmerfenster stehen hat
und der ganz sicher nicht natur ist.
Sonst nichts!
Nur seine zwei Eier.
Immer die gleichen.
Und ordentlich gefärbt sind sie auch nicht.
Das ist so peinlich.
Kann er sich nicht welche zukaufen?
Ich meine, Eier kosten doch nicht Welt.
Müssen ja keine aus Stahl sein,
auch aus Plastik halten die sich.
Bei uns packe ich die Eier
in ein gepolstertes Säckchen und hänge es
zwischen den Wintersachen im Abstellraum auf.
Da passiert nichts.
Vielleicht müssen wir mal für den Alten sammeln,
damit er sich neue Eier leisten kann.
Ohne eine solche Spendenoperation
bleibt es wohl für immer und ewig
bei peinlichen Ostern.
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Ostern im Praxistest
Das religiöse Fundament des Osterfestes wird in diesem Gedicht einem Praxistest unterzogen. Leider ist das Urteil der Stiftung Festetest nicht sehr schmeichelhaft.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Ostersonntag
Eine Gruppe alter Menschen
kommt vom Friedhof
auf mich zu.
Ich weiche zurück,
der Gestank
ist unbeschreiblich.
Hätte man denen nicht
ein Deo oder Parfum
mit ins Grab legen können?
Und überhaupt:
Wo ist der Spaßfaktor,
wenn man in dem Alter
wiederaufersteht,
mit dem man abgenibbelt ist?
Sie sehen aus wie alte Leute,
sie bewegen sich wie alte Leute,
ihren Stimmen klingen
wie von alten Leuten,
kein bisschen verjüngt,
vom Jüngsten Tag keine Spur.
Und was ist mit den Erben?
Ja! Was ist eigentlich mit den Erben?
Müssen die jetzt alles zurückgeben?
Na das gibt ein Heulen und Zähneklappern.
Also nee, die Sache mit Ostern
sollte noch mal neu durchdacht
oder ganz abgeschafft werden.
So wie es jetzt ist,
schafft es mehr Probleme als es löst,
und es glaubt eh keiner mehr
an die Geschichte vom Osterhasen.
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Ein Ostergedicht aus dem 21. Jahrhundert
Ganz auf dem Stand der Technik präsentiert sich der Osterhase in diesem Gedicht – auch bei den Problemen, die das mit sich bringt.
Jana E. Hentzschel · geb. 1973
Moderne Zeiten
Der Osterhase ist gescheit,
er lebt modern, geht mit der Zeit
und schaut am Bildschirm ganz in Ruh
der Osterei-Entwicklung zu.
Seit Jahren läuft das maschinell,
das schont die Nerven und geht schnell.
Bei keinem Huhn muss er mehr betteln,
es soll beim Zähl’n sich nicht verzetteln.
Die Witterung ist ihm egal.
Was früher oftmals eine Qual,
kann heute ganz bequem gelingen,
weil Drohnen seine Gaben bringen.
Auch dieses Jahr läuft’s wie geschmiert,
bis eine Fehlermeldung ihn schockiert.
Und als er das Problem nicht findet,
er panisch zu den Hühnern sprintet.
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Vor dem großen Oster-Auftritt
Wie so viele Künstler wird Meister Lampe vor dem großen Auftritt malade. Da ist es doch gut, wenn man eine Frau im Hause hat, die mit beiden Beinen auf dem Boden hoppelt.
Jana E. Hentzschel · geb. 1973
Osterfieber
Der Hase liegt im Bett mit Fieber,
ihm schmerzen Kopf und alle Glieder.
Er kann nicht aufsteh’n, kann nicht springen,
geschweige denn die Eier bringen.
Sein Unwohlsein wird immer schlimmer,
da hoppelt seine Frau ins Zimmer:
„Die Arbeit ruft, steh auf, mein Lieber,
du hast nur wieder Lampenfieber!“
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Lesetipp:
Mehr Gedichte von Jana E. Hentzschel hält ihre eigene Website bereit.

Osterstimmung
Die Osterstimmung in diesem Gedicht kommt vor allem in der Natur zum Tragen. Es frühlingt allerorten.
Georg Fox · geb. 1949
Osterluft
Osterluft weht übers Land
lüftet die Natur,
hinterlässt mit leichter Hand
eine warme Spur.
Schnell sind jetzt
die Wälder grün,
Felder sind bestellt,
draußen kann man alles seh‘n,
ohne Eintrittsgeld.
Locker geht dir von der Hand
alle Schafferei.
Osterluft weht übers Land.
Riech‘ mal:
Sie macht frei!
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Lesetipp:
Mehr von Georg Fox bei den Saarländischen Nachtgedanken.

Ein Ostergedicht von Goethe
Aus dem Drama Faust stammt diese österliche Szenerie mit einem Schlussvers, der sich vom Drama aus als geflügeltes Wort selbständig gemacht hat.


Ostermorgen
Ein bisschen enthusiastisch wird der Dichter beim Gedanken an einen schönen Frühlings-Ostermorgen. Die Natur feiert sozusagen Wiederauferstehung.
Josef Leitgeb · 1897-1952
Ostern
Selig bin ich heut herausgegangen,
landend mit dem letzten scheuen Schritt
in den Armen, die mich ganz umfangen.
Alles, was ich blutete und litt,
ist versiegt in Wiedersehenswonne,
jedes Vogelherz schlägt wonnig mit.
Ostermorgen, heilige Ostersonne,
steigt herauf aus meiner dunklen Brust,
strahlet, strömet Auferstehungswonne
brüderlich in jede Menschenbrust!
Himmelsduft! Schon sind die ersten Süßen
Veilchen aufgeblüht zu meiner Lust!
Morgenlichtdurchglänzt zu meinen Füßen
dampft das aufgerissene Frühlingsfeld
und die hellen Frühlingsbäche fließen.
Augen, die ihr selig überquellt,
schaut hinab, in eurem blauen Feuer
glüht und schmilzt die winterliche Welt!
Herz, zersprenge du das Grabgemäuer!
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Noch mehr Osterstimmung
Ganz der Natur gewidmet ist die Osterstimmung in diesem Gedicht. Die Zeichen stehen passend zu Ostern auf Aufbruch.
Richard von Schaukal · 1874-1942
Ostersonntag
Wo an schattenfeuchter Stelle
schmutzige Reste Schnee noch starrten,
haucht mit schüchtern flüchtiger Schnelle
durch den dünn begrünten Garten
hin und wieder auf ein Weilchen,
eine wonnevolle Welle,
der verschwiegne Duft der Veilchen.
Leicht in sanft ergossner Helle
schwebt die Luft. An schwarzen harten
Ästen funkelt Blütenflimmer.
Auf dem Hügel überm Tale
wölbt sich weicher schon der kahle
Wald in silbergrauem Schimmer.
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Osterüberschwang
Wie kann man da nicht überschwänglich werden, wenn der Frühling zu Ostern ins Freie lockt? Da kann auch das „Kommen wird, was kommen muss“ nichts dran ändern.
Ernst Preczang · 1870-1949
Ostern
Freund, zieh deinen Kittel aus,
Lass den Sonntagsrock uns bürsten,
Und dann gehen wir hinaus,
Wo die jungen Keime dürsten.
Wo begehrlich sie sich recken
Nach des Frühlings erstem Kuss,
Wo es klingt aus allen Hecken:
Kommen wird, was kommen muss!
In den jungen, frischen Düften,
Von dem Werden rings beglückt,
Wollen wir die Brust uns lüften
Und vergessen, was uns drückt.
Von dem Auge fällt die Binde,
Von der Seele Staub und Ruß,
Und die Hoffnung sinkt im Winde:
Kommen wird, was kommen muss!
Ostern! Unterm warmen Strahle
Schmilzt und wandelt sich der Schnee,
Und er fließt verjüngt zu Tale
Durch die Acker in den See.
Tau und Sandkorn, Luft und Samen,
Alles, alles ist im Fluss!
Darum, in der Erde Namen:
Kommen wird, was kommen muss!
Morgensonne auf dem Gipfel!
Schimmer, leuchtend, goldenrot!
Sieh, der Sturm geht durch die Wipfel
Und zerbricht, was morsch und tot.
Und er jauchzt in all das Stöhnen:
Auch der Kampf ist ein Genuss!
Und es hallt in frohen Tönen:
Kommen wird, was kommen muss!
Mensch, verstehe diese Weise,
Die dich überall umklingt,
Wo sich dröhnend oder leise
Eine Kraft zum Siege ringt.
Kein Gedanke wird zunichte:
Christus, Galilei, Huß –
Ehern spricht die Weltgeschichte:
Kommen wird, was kommen muss!
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Ostergedicht für Kinder
Dies ist eindeutig ein Gedicht zu Ostern, sogar für Kinder geeignet und dennoch muss ich dabei immer an die 68er-Demonstrationen denken, als die Studenten „Ho! Ho! Ho Chi Minh!“ skandierten.


Ein Ostergedicht für alle Religionen
Das Kunststück, eine Osterpredigt für Menschen aller Religionen zu verfassen, hat Otto Julius Bierbaum in diesem Gedicht vollbracht.


Ein christliches Ostergedicht
Kurz vor Schluss dann doch ein Gedicht zu Ostern, das erahnen lässt, was das Osterfest für Gläubige bedeutet. Man beachte vor allem den Schwung, den dieses Gedicht hat. Mit schuld daran ist ein seltener Versfuß namens Amphibrachys, bei dem von drei Silben jeweils die mittlere betont wird. Das Versschema ist: xXx|xX(x)


Ein altes Kirchenlied zu Ostern
Aus dem Lateinischen wurde der Text dieses Osterlieds ausgegraben. Seinen Schwung erhält es durch die zweihebigen Adonisverse, eine Versart mit dem Hebungsmuster XxxXx.
Unbekannt
Osterlied
Jubelt, ihr Himmel,
Lächelt, ihr Lüfte,
Jauchzet der Erde
Höhen und Grüfte!
Dräuende Schauer
Schwanden der Trauer:
Schauet da droben
Palmen erhoben.
Blumen des Frühlings,
Dringt aus dem Boden
Sprießet, ihr Keime,
Wachset, ihr Lohden;
Rosen, die zarten
Veilchen sich paarten,
Nelken, die frischen
Lilien dazwischen.
Herzen erschwellet,
Lieder entquellet!
Fröhliche Feier
Töne die Leier:
Christ ist erstanden
Aus Todesbanden;
Was er gelehret,
hat er bewähret!
Berge lobsinget,
Quellen erklinget,
Hügel hallt wider,
Täler, die Lieder:
Christ hat bewähret,
Was er gelehret,
Aus Todesbanden
Ist er erstanden.
Aus dem Lateinischen von Karl Simrock
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Kommentar:
Die in Strophe zwei erwähnten Lohden (auch Loden geschrieben) sind junge Laubholzpflanzen.

Ein Osterei als Gedicht
Kurt Tucholsky serviert in diesem Ostergedicht ein historisches Osterei aus dem Jahr 1919.

