Unterm Lyrikmond

Gedichte lesen, schreiben und interpretieren

Januar-Gedichte

Sind die Feiertage endlich aus den Knochen, muss das Leben wieder gelebt werden. Der Januar und die Gedichte dazu schwanken zwischen Neuanfang und Wintertristesse, sozusagen was vom Neujahr übrig blieb.

 
 

Ins neue Jahr starten

So richtig prickelnd beginnt das Jahr rein wettermäßig betrachtet selten. Der Januar als Wintermonat kann da nichts für, also sollte man sich nicht entmutigen lassen, sondern, wie in diesem Gedicht vorgeschlagen, „von der Sonne lernen“.

Emanuel Mireau · geb. 1974

Von der Sonne lernen

Das Jahr ist neu, die Sorgen alt,
der Januar wie üblich kalt.
Ach, könnt es doch schon Frühling sein,
ich wünsch mir etwas Sonnenschein.
Als Mensch mag ich die Kälte nicht
und übte gern darauf Verzicht.

Doch nein, das wird kein guter Start,
gewinnt der Jammer richtig Fahrt,
dann bringt das Jahr nur mehr Verdruss.
Es sei damit für immer Schluss!

Na komm, du kalte Jahreszeit,
verlierst ja doch den ew’gen Streit
mit jener himmlisch heißen Kraft,
die alles Leben hier erschafft.
Von dir, da bleibt Erinn’rung nur,
sie gibt nie auf, ihr Licht ist pur.

Beginn das Jahr ich noch mal neu,
indem ich Hoffen mit Geduld nicht scheu,
und da ich von der Sonne lern,
scheint mir der Frühling nicht mehr fern.

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Gedicht über den kalten, dunklen Januar

Klar kann man sich stundenlang beschweren über den kalten, dunklen Januar, aber er hat auch einen Pluspunkt, der nicht Neujahr heißt. Welchen? Gedicht lesen!

Hans Retep · geb. 1956

Bestechlicher Januar

Was schreist du lauthals „Wunderbar“?
Was bringt denn uns das neue Jahr?
Nach Feuerwerk und Kater kommt
ein kalter, dunkler Januar.

Ja, ja, ich weiß, ein neues Jahr
bringt neues Glück. Doch sag, was war
für uns denn letztes Mal beschert?
Ein kalter, dunkler Januar!

Nein. Ich bin jeder Hoffnung bar,
dass dieses hochgelobte Jahr
was anderes bringt als noch einmal
den kalten, dunklen Januar.

Die Kälte und die Dunkelheit
besiegt des Nachts die Zärtlichkeit?
Ach ja, wie wahr! Ich freu mich auf
den kalten, dunklen Januar!

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Warum fängt das Jahr im Januar an?

Die großen Fragen der Menschheit werden in Gedichten beantwortet und zweifellos ist die Frage, warum der erste Tag des Jahres ausgerechnet am 1. Januar stattfinden muss, äußerst weltbewegend.

Hans Retep · geb. 1956

Januar für Anfänger

Ein frohes, neues Jahr, ja, ja,
das weiß ein jedes Kind, beginnt
im Monat Januar, nicht wahr?
Doch dieser Anfang spinnt, mein Kind.

Statt frischen, neuen Düften in den Lüften
gibt’s Schnee und Eis, Nebel oder Regen wegen
dem Winter, der hat hier das Sagen. Jagen
die Winde um die Ecken, ist verstecken
zu Haus die einzige Wahl, so eine Qual
ist dieser Januar.

Und möchtest du nun wissen, wessen
Idee es war, das neue Jahr
grad dann zu beginnen, hilft sinnen
nicht weiter. Greif zum Buch, versuch
die alten Geschichten, die berichten.
Und weit zurück, mit etwas Glück,
findst du die Täter. Nicht die Kreter,
es ist noch schöner, es waren die Römer.

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Die Sache mit dem Januar
Die Sache mit dem Januar, dass er der erste Monat ist, begannen wirklich die Römer im Jahr 153 v. Chr.. In früheren Zeiten (römischerseits) hatten die Monate nach dem zehnten Monat (Dez-ember) keine Namen, sie waren nur Anhängselwintertage, bis endlich das neue Jahr im März begann, wegen Frühling und so. Das Verschieben des Jahresanfangs auf einen Tag mitten im Winter hatte die dümmste anzunehmende Ursachenmischung: Krieg und Politik.

Es stand militärisch schlecht für Rom auf der iberischen Halbinsel, also sollte ein neuer Konsul – das höchste Amt im alten Rom – mit einigen Legionen dort aufräumen. Dummerweise begann die Amtszeit der Konsule erst mit dem Jahresanfang im März und rein militärisch gesehen wäre es eine blöde Idee gewesen, erst dann zu starten, denn das hieße, nach monatelangem Aufmarsch mitten im Hochsommer Krieg zu führen – in Spanien! Also griff man politisch-pragmatisch zur dümmsten Lösung: Man verlegte die Amtseinführung der beiden Konsule auf den 1. Januar. Und da ein römisches Jahr nach den Konsulen benannt wurde, die auch nur dieses eine Jahr amtierten, war zumindest politisch der Jahresanfang festgelegt.

Das dürfte 99 % der Bevölkerung, die auf dem Lande lebte, kaum gestört haben, da begann das Jahr im Frühling. So war es Julius Cäsar vorbehalten, mit der Einführung des julianischen Kalenders 45 v. Chr. den Jahresanfang verbindlich für das ganze Reich auf den Januar festzulegen. Zur Belohnung bekam er seinen eigenen Monat (nein, nicht den August).

Letztlich muss man zugeben, dass der Januar von Geburt an prädestiniert dafür war, am Anfang zu stehen, denn er leitet sich von Janus ab, dem Gott der Türen und Tore, des Anfangs- und des Endes. Und was ist der Jahresanfang, wenn nicht ein Tor zu etwas Neuem, dessen Weg gepflastert ist mit guten Vorsätzen, bevor man in die Grube der alten Gewohnheiten fällt?

 
 

Der Januar-Prophet

Propheten haben ihre ganz eigene Sicht der Dinge. Dieser Prophet hat daher seine ganz eigene Sicht auf den Januar, die in etwa auf „Jetzt schlägt’s dreizehn“ hinausläuft.

Hans Retep · geb. 1956

Prophezeiung

Wen ihr den ersten Monat des Jahres nennt,
für den ihr mitternachts aus dem Hause rennt,
die Böller und Raketen freudig zündet
und jedem ein frohes neues Jahr verkündet,
den könnt ihr vergessen.
Er ist in Wahrheit der dreizehnte des alten
Jahrs, kommt mit Schnee und Eis und Sturmgewalten.
Ihr werdet nicht froh, euer Glück wird niemals wahr
im Pannemonat namens Januar.

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Die Wahrheit über den Januar

Da stimmt was nicht mit dem Januar! Das haben wir schon immer gewusst. Und tatsächlich: offenes Geheimnis. Ein Blick in den Kalender reicht, um den schurkischen Monat per Gedicht zu entlarven.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Der kriminelle Monat

Der Januar ist ein Betrüger!
Septem-, Okto-, Novem-, Dezem-
ber
sind offensichtlich
die Monate sieben bis zehn im Kalender.
Das Jahr hat aber zwölf!
Wie kann der Januar dann
behaupten,
der erste zu sein?
Betrug!
Rausschmeißen!
Abführn!
Frühling! Frühling! Frühling!

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Gedicht zu den heiligen drei Königen

Ein bunter Sprengsel im Januar ist der Tag der heiligen drei Könige am sechsten. Goethe hat zum Epiphaniasfest, wie dieser Tag früher hieß, ein sehr launiges Gedicht verfasst.

Goethe: Epiphaniasfest

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Goethe nimmt sein Gedicht nicht ernst
Auch ein komisches Gedicht kann man sehr ernst nehmen, daran feilen, bis es perfekt so klingt, als ob es in einem Rutsch herausgehauen worden ist. Aber wenn ein Dichterfürst mal fünfe gerade sein lässt, kann man daraus einiges lernen.

Reime: In der ersten Strophe nur ein einziger und zum Teil ein identischer noch dazu. Das signalisiert allergrößte Unernsthaftigkeit, kann man machen und danach serviert Goethe ja auch brav Paarreime, nur: Der identische gern-Reim kommt in der fünften Strophe noch mal am Ende einer Kette von Reimen auf -ein mit sehr eingeschränkter Wortwahl – zweimal „Spezerein“, zweimal „sein“. Das ist eigentlich typisch Anfänger, einen Reim mehrfach zu nutzen, weil er ins Ohr geht und weitere Reime leicht zu finden sind. Doch dann noch die gleichen Wörter nutzen, nee, Herr Goethe, was sollen die Kinder denken?

Immerhin bleibt er konsequent: nur einsilbige Reime. Auch das ist ein beliebter Fehler, ein- und zweisilbige Reime ohne erkennbares Muster zu verteilen. Aber er macht es sich sehr leicht, indem er Wörter hemmungslos kürzt, was wiederum einen komischen Effekt ergibt. „Spezerein“ und „sehn“ mögen noch natürlich wirken, doch „Ich endlich bin der schwarz’ und bin der klein’“? Für solche grammatikalischen Wortverstümmelungen gab es zu seiner Zeit was mit dem Lineal auf die Finger.

Womit ich beim Metrum wäre: Auch hier gönnt sich Goethe große Freiheiten. Er bleibt am Versanfang beim Jambus (sH), aber eigentlich setzt er sich nur vier Hebungen pro Vers als Ziel und ob eine, zwei oder gar drei Senkungen dazwischen sind, ist ihm egal. Trotzdem kürzt er im Innenraum der Verse fleißig Wörter, was bei dieser Machart eigentlich überflüssig sein sollte. Auch hier könnte man wieder auf Komik plädieren, aber mehr noch demonstriert Goethe seinen völligen Unernst bei der Gestaltung des Gedichts.

 
 

Altbekanntes im Januar

Ein Gedicht über das ständig gleiche Lied zu Anfang des Jahres und damit ist nichts gemeint, was in der Neujahrsnacht gegröhlt wird.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Jedes Jahr das gleiche Spiel ...

Jedes Jahr das gleiche Spiel:
Da liegen sie wieder
halb auf der Straße,
halb auf dem Gehweg.
An zu vielen Fress- und
Saufgelagen teilgenommen,
haben sie es nicht mehr
nach Hause geschafft.
Dass die aber auch nicht dazulernen.
Denselben Fehler haben schon zuvor
Generationen
von Weihnachtsbäumen gemacht.

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Was vom Feste übrig bleibt

Im Januar endet Weihnachten endgültig, doch nicht für jeden mit einem guten Ende, vor allem der Dichter dieses Gedichts scheint geistig etwas mitgenommen.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Bilanz der ersten Januarwoche

Wir sind ein Vorbild
für die ganze Stadt!
Das Christkind
wäre stolz auf uns!
In unserer Straße
liegt nur ein einziger
Weihnachtsbaum.
Die Familie
haben wir bereits ausgeliefert.
Und dennoch:
Wenn die Todesurteile vollstreckt werden,
wird das Geschrei wieder groß sein.
Sie hätten es ja nicht bös gemeint.
Ha!
Diese Wurzelraubmörder!
Diese Lichterkettenvergewaltiger!
Nicht bös gemeint?
Wie tröstlich!

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Januar-Amsel

Der Winter im Januar ist kein Spaß für Vögel. Da heißt es: Schnabel zu und durch.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Januarabend

Still
sitzt die Amsel
auf der Gartenmauer –
es wird Nachtfrost geben.

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Kurzes Januargedicht

Das Wesentliche zum Januar in vier Zeilen zeigt wieder mal, dass junge Hüpfer über alte Männer lachen, die meinen, sie wären wer.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Januar in Kürze

Der Winter lehnt
an des Jahres Pforte –
die jungen Narzissen
lachen ihn blühend aus.

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Frühling im Januar?

Wenn man genau hinschaut, am besten aus gehobener Perspektive, findet man sogar Frühling im Januar, zumindest einige flatterhaften Gestalten finden ihn.

Emanuel Mireau · geb. 1974

Die Vögel finden Frühling ...

Die Vögel finden Frühling
in jedem Tag des Januars,
der wärmer als der Winter wird.
Der Sonne Licht verlängert
die hellen Stunden und sie hoffen
und heben an zu singen,
von der nahenden Zeit
der nährenden Nester.

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Gedicht zu den heiligen drei Königen II

Eine seltsame Truppe sind diese drei Könige, wenn man dem folgenden Gedicht glauben darf.

Georg Reicke · 1863-1923

Die heiligen drei Könige

Der Wintertag liegt auf dem Dörfchen stumm,
die heiligen drei Könige gehen heut um.

Der Erste schreitet gebeugt einher,
sein Alter und Krone drücken ihn schwer.

Der Zweite führt trippelnd ein Kind an der Hand,
ihn fröstelt im Königs-Bettlergewand.

Der Dritte hebt hoch empor sein Gesicht –
er grüßt eines blinkenden Sternes Licht.

Und als sie die dörfliche Runde vollbracht,
hat jeder sich schweigend davon gemacht.

Im Armenhaus auf der Ofenbank
schlürft bald der Erste den wärmenden Trank.

Sein böses Weib trifft der Zweite an,
sie schlägt das Kind und sie schimpft den Mann.

Der Dritte hat stumm sich hinausgewandt
und schaut übern Schnee und das dunkelnde Land –

schaut lange hinauf zu den Sternenhöhn,
kann sich und ihr Leuchten doch nimmer verstehn!

 
 

Januar-Schneegedicht

Die Winterfreuden schildert Robert Reinick in diesem Januar-Gedicht. Er war offensichtlich weder Autofahrer noch Nutzer des öffentlichen Personennahverkehrs und konnte daher die Schneefreude ungetrübt ausbreiten.

Reinick: Januar

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Frühlingsgefühle im Januar

Das kann wohl nur ein Dichter: Den Frühling schon im Januar erspüren, nur weil die Tage ein bisschen länger werden.

Lissauer: Januar

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Januar-Gedicht mit Ausblick

Den Ausblick in eine Welt voll Sonnenschein wagt dieses Januar-Gedicht im Romnatikstil träumender Dinge.

Besser: Januar

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Link: Januar-Gedichte beim Poetischen Stacheltier