Groteske Gedichte 2
Das Groteske in Gedichten ist eigentlicher eher ein Wesenszug moderner Lyrik. Da die Moderne aber groteskerweise schon 150 Jahre alt ist, stammt ein Großteil der Gedichte hier aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Mehr zum Begriff der Groteske hat Seite 1.

Gedicht über eine Nase
Es gibt Nasen und Nasen, kleine und große. Diese Nase passt groteskerweise nicht mal in eine Vase.

Lesetipp:
Dieses Gedicht stammt aus Friedrich Haugs grotesker Sammlung Hyperbeln auf Wahls große Nase.

Fliegengroteske
Eines der Standardmittel der Groteske kommt in diesem Morgenstern-Gedicht zur Anwendung: der Perspektivwechsel zwischen Mensch und Tier bzw. Klein und Groß. Das hat Folgen, die weit über das hinaus gehen, was passiert, wenn hinter Fliegen Fliegen fliegen.


Rattengroteske
Bei Ratten denkt man gleich immer ans Schlimmste. Die Exemplare in diesem grotesken Gedicht sind zwar groß, aber relativ harmlos. Das scheint jedoch auch nicht recht zu sein.
Unbekannt
Im Walde in kühlem Schatten ...
Im Walde in kühlem Schatten
Lag ich auf grünen Matten,
Da kamen zwei ganz große Ratten,
Die zerfraßen mir meine schönen Krawatten
Nu mecht’ ich bloß wissen, was se dadervon hatten.
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Expressionistische Groteske
Die Expressionisten haben das Groteske in ihren Gedicht oft genug zur Geltung gebracht. Hier ein wenig bekanntes expressionistisches Gedicht:
Friedrich Wilhelm Wagner · 1892-1931
Ballon
Ein Ballon bewegt sich leise.
Menschenhälse strecken sich.
Tramways stürzen aus dem Gleise.
Droschkengäule töten sich.
Auf den Dächern tanzen Greise.
Jungfraun platzen männertoll.
Ein Ballon bewegt sich leise,
Lächelnd und sehr würdevoll.
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Lesetipp:
Mehr von Friedrich Wilhelm Wagner bietet die 2020 erschienene Werkausgabe von Wilfried Ihrig.
Mehr expressionistische Grotesken hat die Seite der Gedichte des Expressionismus, und auch bei den vergessenen Expressionisten findet sich Groteskes.

Groteskes Liebeselend
Dieses Gedicht ist eine Travestie auf ein Max Dauthendeys-Kurzgedicht und eigentlich eine stete Mahnung, das eigene Liebeselend nicht zu ernst zu nehmen.


Belebte Objekte
Eines der Themen der Groteske ist das belebte Objekt, das sich oft genug als tückisch erweist. Hier jedoch wendet sich die Tücke der Gestaltung des Objekts gegen das Objekt selbst.


Die Liebe und das Herz
Das Herz als Sitz der Liebesgefühle wird in diesem Liebesgedicht auf moderne Weise missinterpretiert. Die Personifikation des Herzens schlägt ins Groteske um.


Grotesker Streit
Streiten hat immer auch etwas Groteskes, vor allem wenn Leute an Positionen festhalten, die unbegreiflich sind. Groteskerweise hat dies überhaupt nichts mit dem folgenden Gedicht zu tun:
Georg Stolzenberg · 1857-1941
Mein alter Widersacher ...
Mein alter Widersacher!
Einmal kam er aus einem Torweg
als riesiger weißer Hengst
und riss mich zu Boden.
Aber sein Huf traf mich nicht.
Wütend schäumte er ins Gebiss
und donnerte davon.
Ich schrie ihm nach:
Noch schützt mich auf dem schäbigen Rock
mein unsichtbarer Sonnenorden!
Das ist lange, lange her.
Jetzt sitzt er auf meiner Hand,
eine magere Winterfliege.
Ich blicke trübsinnig auf sie nieder.
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Ein groteskes Trauerspiel
Auch wenn dieses Gedicht aussieht wie ein Gedicht, ist es doch ein Drama, welche grotesken Wendungen der Trauerspielentwurf nimmt.


Schlecht gelauntes Gedicht
Schlechte Laune verleiht Gedankenflügel der grotesken Art, Phantasie vorausgesetzt, aber daran hat es bei Dichters traditionell keinen Mangel.

