Wortspiel-Gedichte
Worte sind seltsame Gebilde. An sich haben sie meistens nichts mit dem bezeichneten Gegenstand zu tun. Was ist z.B. „hausig“ an dem Wort Haus? Weil das so ist, kann ein und dasselbe Wort auch mehrere Bedeutungen haben. Damit kommen die Dichter ins Spiel, die ja stets mit Wörtern hantieren und manchmal ihrem Wortspieltrieb freien Lauf lassen. Einige der Ergebnisse finden Sie in den Wortspielgedichten auf dieser Seite, wobei der Begriff nicht sehr eng gefasst wurde und Sprachspielereien aller Art präsentiert werden.

Tor-Wortspiel
Das Wort Tor ist nicht nur dreifaltig, sondern auch mit einem „Au“ davor durchaus brauchbar. Ob Au-Tor sein aber so eine gute Idee ist, könnte man nach Lektüre des folgenden Wortspielgedichts eher bezweifeln.
Hans Retep · geb. 1956
Tor und Autor
Wer schoss das Tor?
Wer schloss das Tor?
Schoss der das Tor,
der schloss das Tor?
Schloss der das Tor,
der schoss das Tor?
Wenn der, der das Tor schoss,
das Tor schloss, dann schloss der
das Tor, der das Tor schoss.
Wenn der, der das Tor schloss,
das Tor schoss, dann schoss der
das Tor, der das Tor schloss.
Was sagt der Autor dazu?
Er sagt, er sucht sein R.
Kein Autor möchte ein Autor
ohne R sein und Diesel trinken
und aus dem Auspuff stinken.
Das ist kein Garten Eden,
ein Autor ohne R
kann nicht mal reden.
Aber das R ist doch in Tor.
Dann ist ja alles klar:
Der Tor, der das Tor schoss,
ist der Tor, der das Tor schloss.
Der Autor, der sein R sucht,
ist der Autor, der aufs Tor flucht.
Da Tor und Tor und Tor
nun zusammengefunden,
wird der Autor am Ende
hoffentlich gesunden.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#2389

Gedichteinfall
Die verschiedenen Bedeutungen von „gefallen“ werden in diesem Wortspiel-Gedicht pantomimisch demonstriert.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Was mir gerade eingefallen ist
Mir ist gerade eingefallen, dass sich
ein gefallenes Kind,
ein gefallenes Mädchen,
ein gefallener Soldat
und eingefallene Gäste
gut
als Pantomimeübung eignen würden.
Vielleicht tut mir jemand einen Gefallen
und probiert’s aus.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#1399

Beschweren und erleichtern
Sich zu beschweren, ist nicht jedermanns Sache. Vielleicht hilft dieses Gedicht, die Sache zu erleichtern.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Beschweren leicht gemacht
Wer sich beschwert,
beschwert nicht sich,
sondern erleichtert sich
von einer Beschwernis,
die dem Beschwerten auferlegt,
damit ihr Gewicht ihn drücke.
Sucht dieser sich zu entlasten
durch Luft herauslassen,
bestehe man
auf unbeschwertem Ersatz.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#3271

Krötchen für alle
Hier beschwert sich einer, dass er scheel angeguckt wird, wenn er Krötchen kauft. Da kann man mal sehen, welch wichtige Probleme in modernen Gedichten zur Sprache kommen.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Gemischte Krötchen
Gestern Morgen war ich in der Käckerei
und habe 8 gemischte Krötchen gekauft.
2 Sesamkrötchen,
2 Vollkornkrötchen,
2 Kürbiskernkrötchen
und 2 Normale.
Weil die Kleine mag keine Krötchen mit was drauf
oder was drin.
Das verstehe ich ja auch.
So sind nun mal Kinder.
Aber was ich merkwürdig finde:
Die Frau vom Käcker, die Käckerin selbst,
hat bedient.
Die Verkäuferin war gerade nicht da,
möglicherweise war sie in der Kreischerei,
um Kreischwurst zu holen
für die belegten Krötchen.
Da habe ich sie schon mal gesehen.
Auf jeden Fall die Käckerin
hat so komisch gekuckt,
als ich 8 gemischte Krötchen wollte.
Was ist daran so besonderes?
Man kann ja nicht immer nur
normale Krötchen essen
wie die Kleine.
Vielleicht hat ihr nicht gepasst,
dass ich kein Krot wollte.
Aber danach hat sie erst später gefragt.
Nein danke, habe ich gesagt,
heute kein Krot, wir haben ja Krötchen.
Oder vielleicht wollte sie die Krötchen mit was drauf
oder was drin
für ihre Lieblingskundinnen behalten.
Nur: Wer zuerst kommt, kaut zuerst.
Das Sprichwort kennt jeder Käcker
und bestimmt auch die Käckerin.
Wenn ihr das nicht passt,
kann ich auch woanders unsere Krötchen kaufen.
Schade nur, die waren wirklich lecker.
Aber ich muss mir das nicht bieten lassen,
so komisch angekuckt zu werden,
nur weil ich gemischte Krötchen will.
Der Kunde ist Kröte!
Das liest man ständig..
Also wenn sie heute wieder im Verkauf steht,
gehe ich woanders hin.
Gemischte Krötchen gibt es überall.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#1754

Gedicht über eine Karriere
In früheren Zeiten machte man sich durchaus Hoffnungen auf eine Karriere bei Hof. Heutzutage umfährt man die Stadt am besten weiträumig.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Hofkarriere
Gerichtshof
Gefängnishof
Friedhof
Vorhof zur Hölle
Hof in Bayern
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#3332

Gedicht über Konsonantenprobelme
Kindern passiert das ja hin und wieder, dass sie Konsonanten vertauschen. Bei einem Dichter ist das dann wohl der Fall von „Kind im Manne“.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Über den richtigen Umgang mit Stieben
Dehlen ist kein Kavaliersdelikt!
Wenn Sie einen Stieb beobachten,
rufen Sie sofort die Zolipei.
Auf keinen Fall sollten Sie den Stieb
selbst aufhalten.
Stellen Sie ihm ein Beinchen,
und er bricht sich den Hals,
– Rollstuhl und so –,
dann sind Sie schadenersatzpflichtig.
Dass er ein Stieb war, zählt nicht.
Und die Versicherung zahlt nicht.
Sie hätten nicht gedurft, sagen die.
Nur ein Zolipist darf Stiebe aufhalten,
so mit Bodychecker
oder Knüppel oder erschießen.
Die sind dafür ausgebildet.
Sie würden ja auch nicht
jemandem das Gesicht operieren,
oder das Gesäß,
wenn Sie nicht dafür ausgebildet sind.
Das darf aber ein Zolipist auch nicht,
nur bodycheckern, knüppeln und erschießen.
Dafür gibt’s Regeln, die kennt er,
oder weiß,
wo sie stehen.
Was Sie dürfen:
Laut schreien.
Wenn Sie einen Stieb beobachten,
der einen Stiebdahl begeht –
sagt man doch so: „begeht“, oder? –
also wenn Sie eine Stiebdahlbegehung beobachten,
dann dürfen Sie rufen:
„Haltet den Stieb!“
Da kann keiner was sagen
wegen übler Nachrede oder so,
weil auf frischer Tat.
Ist natürlich möglich, dass der Stieb sauer wird
und sogar gewalttätig gegen Sie,
weil ihn das stört, wenn einer ruft:
„Haltet den Stieb!“
Das darf er aber nicht,
also gewalttätig gegen Sie werden,
weil er kein Zolipist ist.
Sie können ihn dann verklagen.
Das Recht ist ganz auf Ihrer Seite,
wenn jemand Sie bodycheckert, knüppelt oder erschießt,
der kein Zolipist ist.
Aber besser wäre es schon, direkt die Zolipei zu rufen
und nicht „Haltet den Stieb!“.
Recht haben ist ja schön und gut,
doch wehgetan hat’s trotzdem.
Bleiben Sie also ruhig
und behalten den Stieb im Auge.
Folgen Sie ihm unauffällig,
den Rest erledigt die Zolipei.
Wie gesagt: Die sind dafür ausgebildet,
und Dehlen ist kein Kavaliersdelikt.
Da sind die sehr streng.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#1712

Ein Wort persönlich genommen
Hier besteht das Spiel mit dem Wort darin, ihm Persönlichkeit zu verleihen, ABER wie das so ist, wenn man sich persönlich näherkommt, dann ergeben sich oft auch Animositäten.
Hans Retep · geb. 1956
Aber
Aber,
du sanft Widersprechende,
du eifrig Argumentierende,
du Königin der Konjunktionen:
a – Du öffnest den Mund, als ob du etwas sagen wolltest
und alles lauscht.
b – Du schließest ihn wieder
und alles wartet.
e – Um ihn erneut ganz leicht zu öffnen
und alles hofft.
r – Doch dann umspielt ein Lächeln deine Lippen
und alles, was zuvor gesagt,
verliert seinen Sinn,
das Haupt wird leer,
verbeugt sich vor der Königin
und immer mehr
strahlet dein Lichtgewand
der reinen Vernunft,
jedoch
bevor mein Verstand
bereit zur letzten Brunft,
möchte ich eins noch sagen:
Bin ich im Recht,
ist dein Anblick nur schwer zu ertragen.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#2275

Wortverstümmelung
In diesem Gedicht wird Stellung bezogen gegen eine Wortverstümmelung, die eindeutig geschmacklos ist und daher nicht im Sinne der Fleischereien.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Stellungnahme des Präsidenten des Fleischereihandwerks
Meine sehr geehrten Damen und Herren von
Presse, Funk und Fernsehen,
Liebe Mitbürger!
Wie es im Fleischereihandwerk üblich ist,
Komme ich gleich zur Sache:
Die Gesetzesinitiative zur Ent-
Fernung der Buchstaben F und S aus der
Deutschen Sprache wegen ihrer
Angeblichen Gesundheitsgefährdung durch
Akzidentiell sprühenden Speichel
Ist ein Angriff auf die
Existenziellen Grundlagen der
Fleischereien in Deutschland.
Milliarden von Schlachttieren hätten
Nie das Licht der Welt erblickt
Ohne die hygienisch einwandfreie Verwertung
Durch das Fleischereihandwerk.
Wir lassen uns von ein paar
Fundamentalistisch-sektierischen Veganern
Und ihren so genannten wissenschaftlichen Studien
Nicht ins Handwerk pfuschen.
Wir wissen selbst am besten –
Jeder weiß das –,
Dass mit solchen Pseudo-Studien
Alles, aber auch alles
Und das Gegenteil bewiesen werden kann.
Mit aller Entschiedenheit
Treten wir dem Versuch entgegen, die
Tradition der deutschen Sprache unter dem
Deckmantel angeblicher gesundheitlicher Fürsorge auf
Politische Korrektheit zu trimmen.
Diese Tradition ist –
Ich darf das wohl so sagen –,
Fleisch von unserem Fleische.
Daher rufen wir laut und deutlich:
Nur über unsere Leiche.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#1953
Kommentar Hans-Peter Kraus:
Entgegen der Tradition bei freien Versen sind hier die Zeilenanfänge groß geschrieben. Das soll dazu einladen, die Wörter besonders zu betonen, um damit den Rhythmus einer gehaltenen Rede zu imitieren.

Philosophisches Wortspiel
Das Sein ist ein schwieriges philosophisches Thema. Wenn dann noch die Würde mitdiskutiert werden muss, kann das eigentlich nur ein langes, schwerfälliges Gedicht werden, wie man sieht:
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Sein und Würde
würde sein würde sein
würde würde würde sein
ist sein nicht würde
ist würde nicht sein
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#1390

Ein Wort ist ein Wort ist ein ... was auch immer
Mit einigen gänzlich unkomplizierten Operationen, die nicht weh tun (aber das sagen Ärzte immer), wird in diesem Gedicht spielerisch demonstriert, dass Wörter nur Schwörter sind, keine eingebaute Bedeutung.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Über Wörter
Ein Wort
besteht aus
mindestens einer Silbe.
Eine Silbe
besteht aus
mindestens einem Buchstaben.
– schwub
Ein schwub
besteht aus
mindestens einer schwubi.
Eine schwubi
besteht aus
mindestens einem schwubidu.
– ib
ib schwub
besteht aus
mindestens ib schwubi.
ib schwubi
besteht aus
mindestens ib schwubidu.
– meneme
ib schwub
besteht aus
meneme ib schwubi.
ib schwubi
besteht aus
meneme ib schwubidu.
– sesu ot
ib schwub
sesu ot
meneme ib schwubi
ib schwubi
sesu ot
meneme ib schwubidu
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#2692

Internationales Wortspiel
Das Faszinierende an dem folgenden Gedicht für mich ist, dass man es nicht vorlesen kann, ohne es zu zerstören. In diesem Sinne ist es ein modernes Gedicht, die ja auch nicht mehr zum Vorlesen gedacht sind.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Englischer Humor
Meer & Das
Ozean & Der
See & Die
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#1398

Ein gestandenes Gedicht
Ein Wortgeklingelgedicht über ein sehr ernstes Thema: Verbrechen und Todesstrafe. Zum Glück gibt’s Letztere nicht mehr für Leute, die Wortgeklingelgedichte über ernste Themen schreiben.
Hans Retep · geb. 1956
Erkenntnis
Männer und Frauen, die gestanden,
landen per Geständnis
als Gefangene im Gefängnis.
Nun gilt das Gefängnis
nicht nur bei den Opfern
als gerechtfertigte Bedrängnis,
ist aber nicht wirklich ein Verhängnis,
denn egal welche Tat begangen,
man wird wegen eines Begängnis
hierzulande nicht aufgehangen.
Dafür hat nicht jeder Verständnis,
denn zur Erkenntnis,
dass staatlicher Mord
ein sinnloses Grauen
und Bekenntnis
zu primitiver Rache ist,
braucht es gestandene Männer
und Frauen.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#2306

Wortbestandteile
Hier besteht die Wortspielerei darin, ein deutsches Wort in seine Bestandteile zu zerlegen und wieder zusammenzusetzen. Dabei ergibt sich auf wundersame Weise ein bisher unbemerkter ausländischer Einfluss.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
tio
fu sag fu
fun sag fann
funk sag fank
Lustig, nicht?
Aber:
ren
ieren
nieren
Nicht so lustig, oder?
Bleibt die Frage:
Was ist eigentlich
ein tio?
Eine Automarke?
Der Löwe in irgendeiner afrikanischen Sprache?
Nein, –
tio ist spanisch für Onkel.
Und was macht dieser Kerl?
Was macht –
dieser sonnenverwöhnte Macho?
Er stellt sich
völlig entstellt
zur Verfügung
für den Mittelteil
des wahrlich beschissenen
„Du musst
funktionieren“.
Diese Spanier!
Was für eine verrückte
Nation.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#1452

Gedicht mit Nudel
Dieses nudelige Gedicht hat sudelige, biblische Ausmaße, aber letztlich bleibt die Frage offen, wie man Nudeln am besten zubereitet.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Nudelgericht
Im Alten Testament heißt es
„Er erkannte sie“,
wenn ein Mann seine Nudel
in eine Pfirsichhälfte tunkte.
Im Neuen Testament
erkannte Joseph Maria
angeblich nicht,
die Sahne kam ohne Nudel
zum Pfirsich und ward Jesus.
Das ist etwas seltsam,
doch kein Vergleich
zu den alten Griechen.
Dort hieß es:
Erkenne dich selbst,
was vielen schwerfällt, denn
Nudel ohne alles
ist selbst mit Olivenöl zubereitet
nicht gerade ein Gaumenkitzler.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#2425

Achtung Gedicht
Bei diesem Gedicht acht zu haben, wie viel acht die Wörter haben, erfordert nicht unbedingt achtsames Lesen, achtloses Zählen reicht schon.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
zweimal acht
prachtachthaben
wachtachtbar
sachtachtgeben
nachtachtsam
frachtachtkantig
krachtachteckig
lachtachtfach
machtachtsechzig
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#2776

Schlagreim-Wortspiele
Nur ein Großbuchstabe macht den Unterschied. Heinrich Seidel setzt vor allem auf Substantiv-Verb-Spielereien bei seinen Schlagreimen.


Ein lerchenhaftes Angebot
Die Lärche im folgenden Gedicht bekommt ein lerchenhaftes Angebot. Da müsste man schon einen an der Nadel haben, um das auszuschlagen.
Dyrk Schreiber · geb. 1954
die lärche
du verlierst dein kleid
als nadelbaum
ich bitte dich
tausch doch den umlaut gegen ein e
na und - hast du halt zwei
in poesie und leben gibt es
so viele wiederholungen
das glaubst du gar nicht
was du dann tun sollst
davonfliegen natürlich
einer neuen freiheit zu
beim singen vom nadelschiss
hoch oben über den bergen
da können die anderen
noch so sehr weihnachtsbaum sein -
du wärst ein wunder im süden
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#1669

Karriere eines Wortes
Manche Wörter machen ziemlich Karriere, andere wiederum denken gar nicht daran, groß herauszukommen, denn das Leben ist viel schöner so.
Wolfgang Rödig · geb. 1965
Leitungswasser werden ...
Leitungswasser werden?
Das wär’ nichts für mich,
denkt sich das Wasser.
Mach’ jetzt meinen Bachlauf.
Danach geht’s ab ins Flussbett.
Und morgen früh kann ich
mir im Meeresspiegel
wieder ins Gesicht schau’n.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#2843

Gedicht übers Denken
Dieses Gedicht ist schnell zusammengefasst: Jemand denkt, dass er sein Denken lenkt, doch lenkt ihn das denkwürdigerweise nur ab.
Anemone von Berg · geb. 1968
Der Denker
Der Denker denkt, er denkt.
Er denkt, er denkt, weil er denkt.
Er denkt mit seinem Denken,
sein Denken selbst zu lenken.
Der Denker denkt, er lenkt,
er denkt, er lenkt, weil er denkt.
Er denkt mit seinem Lenken
zu lenken, um zu denken.
Er denkt nach hier, er lenkt nach dort.
Er denkt zurück und denkt sich fort.
Er lenkt zurück und denkt nach dort.
Dann trugen ihn die Räuber fort.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#2122

Spritzige Worte
Ostfriesennerz, Gummistiefel und Regenschirm werden für die Lektüre dieses Gedichts empfohlen, denn die Wortspiele sind wahre Wasserfontänen, da bleibt kein Socken trocken.
Didi Costaire · geb. 1963
Wasserwerk
Der Kerl mit dem trockenen Humor
fragte sich, was er dichten könnte,
und erdachte einen wasserdichten Anzug,
mit dem er Wasser dichten kann.
Für ihn gibt es immer einen Grund,
Wasser und Natur zu fördern.
Er sucht frische Quellen
und findet mehr Wasser.
Zwar verwässert mancher Gedanke,
doch er verfasst Tiefseegedichte,
die tief blicken lassen
und hat eimerweise Ideen.
Er reist vom Hundertwasser-Bahnhof
über Regensburg und Feucht
bis hin nach Nassau
und landet in Waterloo.
Er schreibt extrem flüssig,
zum Beispiel vom nassforschen Autofahrer,
der sich beim Aquaplaning
völlig verkalkuliert hat.
Er skizziert Männer, die selten Selter trinken
und umso öfter Wasser lassen,
oder jenes seltsame Frauchen,
das mit ihrem pfeifenden Kessel Gassi geht.
Er liebt Spritzgebäck
genauso wie gebratene Wasserhähne
und genießt den ganzen Überfluss,
doch schneidet sich bisweilen mit dem Regenmesser.
Als Wassermann lebt er
mit Fischen und Krebsen zusammen,
zugleich mit Seelöwen und Meerjungfrauen
und sogar mit einer chinesischen Wasserratte.
Er spricht mit seiner Seezunge
und mit den markanten Segelohren
nutzt er den Sturm im Wasserglas
und fliegt schneller als die Wasseruhr tickt.
Zu seinen Seegewohnheiten
gehört der Tunnelblick,
und mitunter hält er Wassermelonen
für formidable Meerbusen.
Er hat einen Sponsorenpool,
in dem schwammen bei einem Wasserfest
zwei Meerschweinchen um die Wette
mit seinem Wellensittich.
Jetzt hat er das Wasser abgelassen
und tut etwas für den Beckenboden,
morgen will er auf Bachstelzen laufen
und übermorgen zum Walkampf antreten.
Wenn jedoch das Flutlicht erlischt,
erzählt er aufregende Schauermärchen
von brutalen Niederschlägen
und Wassereinbrüchen durch Raubfische.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#2819
Lesetipp:
Mehr von Didi Costaire auf seiner Website.

Ein sinniges Gedicht
Dieses Gedicht hat viel Sinn, das ist der reinste Wahnsinn, wie viel Sinn dieses Gedicht hat.
Doriane Pereira · geb. 1966
Sinn
Un – wo ist der Sinn?
Spür – wo ist der Sinn?
Tast – wo ist der Sinn?
Kein Sinn im Froh.
Kein Sinn im Trüb.
Kein Sinn im Wahn.
Der Sinn zeigt sich am Schluss.
Und dann – zum Ende hin –
bekommt der Wahnsinn einen Sinn.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#2501

Wörter am Rande des Nervenzusammenbruchs
Den Wörtern wurde in diesem Gedicht übel mitgespielt. Sie wissen nicht mehr, ob sie noch Sinn haben oder vom Unsinn befallen wurden. Nur den Matschkanülen geht es gut.
Karl-Heinz Heydecke · geb. 1957
Freie Matschkanülen
Issne Bitze, guck ma sone multe Klone,
klamm de nadelblatte Wenze ohne Fleeg.
Unter rahmendummer Patze mit Zerglone
Strasst ein kelperglatter Kundel unentwegt.
Wie kommt dieser Nölenfödel auf die Sunke?
Ist der aulebautz gebunkert oder plemm?
Darf ein Geisegauk verlitzert seine Blunke
hinterblöbeln ohne Seibeldosifem?
Solche Memsalucken hör’n nicht auf zu drebeln,
bis man bohlenwärts die Nitzel graptaniert!
Und kein Fohlenkuss zerpleckt in Wohl und Webeln
Diesen Kotzomork, wenn er nach Schleime giert.
Kannst du da noch Beisel putten ohne Schlampe?
Ist doch klar, dass Gaulesocken da nicht geh’n!
Nur ne klettgerieb’ne weise Wampenpampe
Kann dem letzten Nödeplack noch wiedersteh’n.
Also aufgelaugt und resch den Gorks erwidert!
Kein Salgader diesem plotzeglönen Wurz!
Ist der Schittomir erst hundiglich verniedert,
karzt die Bitze feier Reisi ihren Sturz.
Dann ist froher Seisemuckel in den Häusern!
Alles gnuckst und büllert juledung im Glei!
Noch der blaffste Hadermolke wird vermäusern:
Endlich sind wir Matschkanülen wieder frei!
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#2668

Ein wertvolles Gedicht
Vom wahren Wert und dem Warenwert spricht dieses Gedicht ein wahres Wort oder auch nicht.
Howard Fine · geb. 1956
Wer nur ...
Wer nur
Warenwert
wahrnimmt, nimmt
wahren Wert
nicht wahr.
Nicht wahr?
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#2136

Schüttelreime
Die Steigerung von Schlagreimen beim Wortspielen ist der Schüttelreim. Hier tauscht der Dichter die Anfangsbuchstaben der letzten beiden Hebungssilben aus, was eine gewisse Wortakrobatik benötigt, um noch Sinn zu ergeben.
John Höxter · 1884-1938
Zwischen Himmel und Erde
Da er Zeit und Geld in Menge hatte,
Welträtselte er in der Hängematte;
Wenn er beim Pfeifenglimmen schaukelte,
Sein Geist ob Gut und Schlimmen gaukelte,
Bis Denker und Problem in sanftem Schweben liegen,
Dann losch die Pfeife aus, und Geist und Leben schwiegen.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#2522

Wortschicksal
Das grausame Schicksal eines Wortes, das von einer Wühlmaus angegriffen wird, zeigt die folgende Wortspielerei.


Parlez-vous français?
Richtig Französisch muss man nicht können, um dieses Gedicht zu verstehen, etwas kauderwelschen reicht schon.
Unbekannt
Voulez-vous spazieren gehn ...
Voulez-vous spazieren gehn
Avec moi durch die Alleen?
Non, monsieur, das kann nicht être,
Denn maman steht an fenêtre.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#2174

Saumäßig schweinisches Gedicht
Bei diesem Gedicht wird endlich mal die Sau rausgelassen und dem Schweinkram gefrönt.
Unbekannt
Ständchen
Es grüßt dich sau-
Es grüßt dich sau-
Es grüßt dich sau-
bres Mägdelein.
Es grüßt dich Schwein-
Es grüßt dich Schwein-
Es grüßt dich Schwein-
furts Jugend und Gesangverein.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#2166

Ein Wedicht
Wenn Wichter Werse wagen, werden wilde Wörter wehmütig:
Ludwig Fulda · 1862-1939
W-Klage – Ein Sprachscherz auf tiefernster Grundlage
Weh! Weh! Wer weissagt wohl, was werden wird?
Wird Wahrheit weiter wirrem Wahne weichen?
Wird wackren Willens Weckruf Wunder wirken,
Wird Weisheit walten, wehrend wilder Wut?
Wir wagen Wünsche, weil wir wenig wissen,
Weil, wo wir weilen, Wolken wechselnd wogen,
Wir wählen wuchtvoll weltgewalt’ge Worte,
Wiewohl wir wandelbar wie Windeswehen.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-6-148.php#2294

Deutsches Wortspiel
Deutschtümelei wäre noch untertrieben, um das folgende Gedicht zu kennzeichnen. Deutschesttümeleiest träfe es wohl besser.

