Mond-Gedichte
Eigentlich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass eine Website, die Lyrikmond heißt, auch Gedichte zum Mond anbietet. Das fiel dem Betreiber dieser Website nach über einem Jahr des Bestehens auch auf. Schnellmerker! Zu allem Überfluss fehlt das bekannteste Gedicht über den Mond in dieser Sammlung. Doch dafür gibt es eine gute Ausrede: Das Abendlied von Matthias Claudius hat seine eigene Sonder-Extra-Spezial-Seite.

Ein freirhythmisches Mondgedicht
Ganz in der Tradition Klopstocks ist das folgende Mondgedicht verfasst. Kein Wort verrät seine Herkunft aus der heutigen Zeit, was bei diesem Thema ja auch passt, denn der Mond ist „eine ganz alte Geschichte“.
Wolfgang Rinn · geb. 1936
Wandelgänger
Nächtlicher Bruder,
reichst mir die Hand,
du treuer Geselle
in unentwegter Wiederkehr.
Dein fahles Licht
lässt Schatten länger werden
als ihr Gegenstand,
einsamer Wandelgänger,
der in weitem Himmelsbogen
seine Bahnen zieht,
und niemand weiß,
wie lange schon.
In stetem Aufwärtssteigen
wächst in Himmelshöhen du,
bis prächtig strahlt
dein Antlitz uns
in vollem Leuchten,
für Augenblicke wie
ein Herrscher dunkler Nächte.
Doch führt hinab
in sanftem Flusse dann
in dunkle Tiefen deine Bahn,
wo alles seinen Ursprung hat,
und kehrt aufs Neue wieder,
wenn sich der Tag geendet.
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Ein Mondgedicht zum Einschlafen
Die kindliche Seite des Mondes wird in diesem Gedicht gezeigt, und der Dichter ist sicher nicht beleidigt, wenn man sagt: Das Gedicht ist zum Einschlafen schön.
Hans Retep · geb. 1956
Mondweise
Seid leise, leise, leise,
der Mond singt gleich die Weise
von einer guten Nacht,
die er euch mitgebracht:
„Im Strahlenlicht der Sonne
ist Schlafen keine Wonne,
nur stille Dunkelheit
bringt wohlig Schlafenszeit.
Ich male in der Ferne
für all die Kinder Sterne
mit Gold ans Himmelszelt,
so wie es euch gefällt.
In meinem sanften Scheine
schläft niemand hier alleine;
von meinem Licht bewacht,
wird kusch’lig diese Nacht.
Nun legt euch lieb zur Ruh,
macht beide Augen zu,
und folgt der Schäfchen Reise
ganz leise, leise, leise.“
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Kurze Rede an den Mond
Die Erde mag ja bunt und lebendig sein, aber es hat durchaus seine Vorteile, nur als kaltes Gestein durchs Weltall zu reisen, wie folgendes Mondgedicht zeigt.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Sei nicht beleidigt, lieber Mond ...
Sei nicht beleidigt, lieber Mond,
du bist schließlich von den größten
Dichtern besungen worden,
und was hat man nicht alles unternommen,
um diesen einen Schritt
auf deiner Oberfläche zu tun.
Doch es muss gesagt werden.
Das Beste an dir
ist der Blick auf die Erde.
Sie ist so wunderschön –
aus der Ferne betrachtet.
Und niemals würde jemand glauben,
dass es eine intelligente Spezies geben könnte,
die solche Schönheit ruinieren wollte
zugunsten von ein paar Zahlen
auf ein paar Konten.
Eigentlich, lieber Mond,
bist du gar nicht so schlecht dran.
Nur lass dir auf keinen Fall
ein Bankensystem aufschwatzen.
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Wo ist der Mond?
Ein alter Aberglaube besteht darin, dass der Mond am Himmel entlang zieht, die Schwäne wissen es besser:
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
auf dem dunklen See ...
auf dem dunklen See
taucht ein Schwan
den Kopf in den Mond
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Modernes Mondgedicht
Das folgende Gedicht ist eine Travestie, also die „Übersetzung“ eines Inhalts in eine andere Form, um einen komischen Effekt zu erzielen. Hier ist Eichendorffs Mondnacht das Opfer, dessen Inhalte zum Teil übernommen und in moderne Formen gezwängt wurden.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
scheinmond
war
himmel & erde
in aller stille
ein taxikuss der
traumgestalt blühte
bluttote blüten
zwischen feldern der
ähre zogen wälder
nachtwärts durch die
sterne flogen seelenspanner
flügelschwebend über
stadt & land
nach hause
nach hause
ist
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Kommentar Hans-Peter Kraus:
Die Modernität des Gedichts ist zugegebenermaßen nur äußerlich und parodistisch. Ich habe einfach typische Merkmale sich modern gebender Gedichte aufgegriffen: Kleinschreibung, fehlende Interpunktion, & ersetzt und, grammatikalische Verbiegungen, Wortneuschöpfungen und die unvermeidlichen Brutal-Enjambements nach Artikeln. Also mache ich mich eigentlich nicht über die Mondnacht lustig, sondern über den modernen Schein an Bedeutung und Schwere.

Mond und Schlaf 2
Ist ja alles schön und nett, wenn der Mond vom Himmel steigt und sich in den Teich setzt, aber an Wirkung verliert er dadurch nicht.
Hans Retep · geb. 1956
Der helle Mond
Der helle Mond
am Himmel thront,
im Wasser wohnt,
den Teich verschönt,
die Fisch’ verwöhnt,
in Stille dröhnt.
Er ist ’ne Pest,
die mich nicht schlafen lässt.
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Wer auf dem Mond wohnt
Die Leute dort oben haben es nicht leicht, da denkt man hier unten gar nicht dran. Aber die denken an uns und wie so oft, wenn der Menschheit mit etwas Abstand gedacht wird, ist nicht alles rosa, eher käsegelb und es riecht.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Die Beschwerlichkeiten der Mondbevölkerung
Wie sollen wir schlafen, wenn jede Nacht
das Licht voll aufgedreht?
Und was das kostet.
Warum müssen wir allein
die Stromrechnung bezahlen?
Und dann diese ständigen Umzüge.
Mal ist der Mond ganz,
dann ist Platz für jeden,
mal ist er eine Sichel,
und wir müssen auf kleinstem Raum
zusammenwohnen.
Und dieser Geruch, den man
nie mehr aus der Nase kriegt.
Warum kann der Mond nicht aus
Stein sein wie jeder ordentliche Himmelskörper?
Käse ist zwar eine originelle Idee,
aber nicht wenn man drauf leben muss.
Und das Blödeste überhaupt:
Wir vegetieren auf einem Käsekörper,
der ständig seine Form ändert,
bei durchweg aufgedrehtem Licht
und haben die ganze Zeit
ein Paradies vor Augen,
in Grün und Blau und Weiß,
nur die Leute dort
kapiern das nicht.
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Der Gedankenfreund
Der Mond als Partner, um sich zu besinnen und zu erinnern, so stellt ihn Klopstock in diesem Gedicht dar.


Gedicht über Mond und Schlaf
Der Vollmond steht im Ruf, den Schlaf zu stören. Da ist natürlich gar nichts dran. Ich wette, das folgende Gedichte wurde im Schlaf geschrieben.
Claudia Ratering · geb. 1961
Vollmond
Da bist du rum,
du alter Mond.
Hast ziemlich voll
den Himmel überquert
und kippst dein Licht
jetzt auf mein Bett.
Ich
schlafe
nicht.
Dein Widerschein
weckt alten Ärger auf,
und irren muss ich
in düsteren
Gedankengängen,
wieder, wieder.
Immer
noch
Nacht.
Bald frisst dich, Kerl,
der Horizont.
Beim ersten Amselschrei
zerplatzt die finstere Magie,
dann endlich
ist er da:
Mein
neuer
Tag.
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Der Weg zum Mond
Wie kommt man zum Mond? Die Phantasielosen nehmen die Rakete, alle anderen klettern die Fassade hoch.
Verena Blecher · geb. 1958
fassadenkletterer
der kletterer
an der fassade
entblättert kletternd
die maskerade
schält schicht
um schicht
endlich bleibt
ein fahles gesicht
flach gewellt wächsern rund
auge nase stirne mund
so ist er wohl
ohne abzubiegen
geraden wegs
bis zum mond gestiegen
eines hat er
dabei nicht bedacht
auf dem mond
wird nicht gesungen
nicht geweint
nicht gelacht
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Lesetipp:
Mehr von und über die Dichterin: www.verenablecher.de

Neues vom Mond
Dass der Mond wissenschaftlich betrachtet keinen besonders einladenden Eindruck macht, kann einen Dichter nicht erschüttern, wie das folgende Mondgedicht zeigt.
Siegfried Stöbesand · geb. 1954
neue sachlichkeit
habe den mond betrachtet
und dann das:
der mond hat gar kein gesicht
er soll nur aus staub, sand und stein bestehen
krater und geröll
wüstenlandschaften
die winde halten sich in grenzen
und an wasser mangelt es
lass mir meinen mond
in der nacht
wenn über der großstadt oben weit
und prächtig hell scheinend
das märchengesicht
das traumgesicht
in die scheibe geritzt
ein friedliches bild
so kühl und so warm
so ernst und so heiter
so bedenklich und so gelassen
wenn mir nicht wohl ist
wenn mir der kopf zerspringt
wenn mir die lust vergeht
dann mag ich keine sachlichkeit
dann mag ich nur
staunen und mir erträumen
das gesicht das milde gesagt so lieblich ist
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Gedicht über den verwandten Mond
Ob es nun Fluch oder Segen ist, sich mit dem Mann im Mond verwandt zu fühlen, klärt dieses Gedicht auch nicht, aber zumindest stellt es diesen Herrn seinen Lesern etwas näher vor.
Peter Schuhmann · geb. 1958
Mann im Mond
Der Mann im Mond hat nebst der hell’n
auch eine dunkle Seite.
Er hält sich dabei gern bedeckt
und sucht im Grund das Weite.
Der Mann im Mond bleibt hart wie Stein,
wie auch die Wölfe heulen.
Sein Antlitz, hell, doch kampfbespurt,
zeigt Furchen und auch Beulen.
Der Mann im Mond folgt unbeirrt
den ehernen Gesetzen,
und nie käm es ihm in den Sinn,
sie jemals zu verletzen.
Der Mann im Mond folgt keiner Frau,
nur einer großen Liebe.
Doch weil sie rein platonisch bleibt,
entbehrt sie niedrer Triebe.
Der Mann im Mond schickt mir sein Licht
beim Zug durch ferne Räume.
Und oft, in einer lichten Nacht,
spukt er durch meine Träume.
Der Mann im Mond, er kommt und geht,
wie ihn die Zwänge treiben.
Weil er im Geist mir Bruder ist,
kann ich von ihm hier schreiben.
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Mondänes Erlebnis
Eine etwas seltsame Geschichte erzählt dieses Mond-Gedicht, doch keine Bange: Alles wird gut und der Mond macht wieder seinen Job.
Susanne Mathies · geb. 1953
Enttäuschender Abend
Neulich Nacht es war
schon spät
stürzte der Mond
in eine Pfütze
zuckte noch hell als
ich ihn einfing
mit schwarzem Netzstrumpf
ich ließ ihn zappeln
hüpfender Harlekin doch
er entschlüpfte stieß
sich von meinem Knie ab schoss
hoch in die Kuppel der Nacht
blieb hängen
leuchtete mir heim
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Lesetipp:
Mehr von und über die Dichterin gibt’s bei die-aus-zuerich.ch.

Lob des Mondes
In kurzen Versen lobt dieses Gedicht den Mond, der als kalter Gesteinsbrocken doch einen sehr guten Job macht, nicht?
Guido Blietz · geb. 1969
Mond
Der Mond,
der aller Augenpaare
Blicke fängt;
der Mond,
der alle Himmel füllt
mit seinem Rund;
der Mond,
der wie ein Spiegel
für die Träumer ist
und der uns
staunen lässt,
dass es ihn gibt;
wie sucht er
die Nähe der Sterne
die seine Paten sind;
wie trägt er, so leicht,
das Geheimnis der Nacht
auf seinen Schultern!
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Der Mond als Erzieher
Was harmlos als Mondgedicht für Kinder beginnt, wird zum erzieherischen Lehrexemplar über die rechte Lebensweise.


Der Mond als gutes Beispiel
Eine kurze Lektion im Über-den-Dingen-stehen erteilt Herder in diesem Mondgedicht.


Der Mond und die Liebe
In diesem Gedicht wird der Mond als Verbündeter in Liebesdingen genutzt, wobei am Schluss gilt: Der Mond hat seine Pflicht getan, der Mond kann gehen.


Von Goethe zu Göttin
Goethe ist mit den Göttern per Du. Hier plaudert er ein wenig mit der römischen Mondgöttin Luna, schiebt ihr aber am Schluss einen griechischen Liebhaber unter, was nicht unbedingt die feine Art ist.


Der segelnde Mond
Wie eine Träumerei liest sich das folgende Mondgedicht. Die Frage ist: Steckt mehr dahinter? Warum heißt es „der junge Mond“? Warum enden alle Strophen auf -hin? Das wären Ansatzpunkte, um sich eingehender mit dem Gedicht zu beschäftigen, aber vielleicht reicht manch einem auch die Träumerei.
Adam Kuckhoff · 1887-1943
Der junge Mond
Mit schmal gehisstem Segel,
das immer weißer schimmert,
geht dort der blanke Schwimmer,
der junge Mond dahin.
Die Sonne ist im Bogen
vor ihm hinabgezogen.
Zu ihrer roten Küste
kielnachwärts zieht’s ihn hin.
Opalenmatter Himmel,
in blau und lila Tinten,
Gebirge ihm zu Füßen –
so segelt er dahin.
Linkadresse zu diesem Gedicht: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-10-43.php#1401

Kein Gedicht über den Mond
Im folgenden Gedicht geht es um einen inneren Mond, den Schickele im Herzen verortet und nicht um den, der am Himmel steht. Aber so sind die Dichter: Bringen alles durcheinander und nennen es Kunst.


Ein Gedicht über den Mond
Obwohl dieses Gedicht den gleichen Titel wie das vorige, ist es diesmal wirklich ein Gedicht über den Mond – oder vielleicht auch nicht.


Gedicht über einen doppelte Vollmond
Eine wiederaufgerufene Mondnacht ist Thema dieses Gedichts, doch da es damals noch keine Handys mit Videofunktion gab, musste die eigene Phantasie aushelfen.

