Unterm Lyrikmond

Gedichte lesen, schreiben und interpretieren

Guten-Morgen-Gedichte 2

Auch aus der Zeit, in der noch die Hähne Weckerdienst hatten, sind Guten-Morgen-Gedichte überliefert. Neben den Hähnen geben einige alte Meister der Lyrikbranche auf dieser Seite den Ton an. Neuere Töne finden Sie auf Seite 1 der Guten-Morgen-Gedichte.

 
 

Tagelied

Ein besondere Spezialität des Guten-Morgen-Gedichts ist das Tagelied: Wenn es tagt, müssen sich Liebende trennen, o weh.

Heinrich von Morungen · etwa 1160-1222

O weh, soll mich nie wieder je ...

O weh,
soll mich nie wieder je
geleiten durch die Nacht
und weißer als der Schnee
ihr Leib in voller Pracht?
Der trog die Augen mein,
ich wähnte, es müsse sein,
des lichten Mondes Schein.
Da tagte es.

„O weh,
soll er nie wieder je
den Morgen sehn hier tagen?
Wenn uns die Nacht vergeh,
dass wir nicht dürfen klagen:
– O weh, nun ist es Tag.
Als ihn die Klage stak,
da jüngst er bei mir lag.
Da tagte es“

O weh,
Sie küsste viele Mal
in meinem Schlafe mich.
Da stürzten hin zu Tal
die Tränen nieder sich.
Mein Trost jedoch erwies,
dass sie ihr Weinen ließ
umarmend dankte sie’s..
Da tagte es.

„O weh,
Dass ganz und gar er sich
nie satt gesehen hat!
Als er entblößte mich,
so wollt’ er ohne Blatt
die Arme schauen bloß,
es war ein Wunder groß,
das ließ ihn nie mehr los..
Da tagte es.“

Übertragen aus dem Mhd. von Hans-Peter Kraus

Urheberrechtshinweis

Lesetipp:
Das mittelhochdeutsche Original mir Anmerkungen gibt es auf der Mittelalterseite.

 
 

Neuer Morgen, neue Wünsche

Sehr eindrucksvoll schildert Rückert in diesem Gedicht das Entstehen einer „neuen Welt“ am frühen Morgen. Der Morgen wird zu einem Bad in Frühlingsgefühlen.

Rückert: Aus des Morgens Silberflor ...

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Ein Guten-Morgen-Gedicht von Eichendorff

Eichendorff, als tiefgläubiger Mensch, hat natürlich schon den Herrn am frühen Morgen im Sinn.

Eichendorff: Morgengebet

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Noch ein Guten-Morgen-Gedicht von Eichendorff

Der weise, alte Dichter Eichendorff empfiehlt zu einem guten Morgen: Hütlein in die Luft werfen.

Eichendorff: Der Morgen

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Elfen am Morgen

Einen Anreiz zum frühen Aufstehen setzt Peter Baum in diesem Gedicht, denn: Die Elfen sind da.

Peter Baum · 1869-1916

Morgentraum

Gedämpft nur schlüpft das erste Licht
    Durch hohe, breite Blätterkronen.
Die Elfen, die in Blumen wohnen,
    Die hören’s nicht.
    Doch nicht mehr lang,
Dann tun sich Blumenglocken auf,
Dann tun sich viele Türen auf.
    Ein leiser Klang
Erzittert kindhaft durch den Hain,
Und rings erblühen Elfenreihn.

Ergehst du dich im Mittagslicht
    Durch jenen Hain,
Dann siehst du all die Wunder nicht.
    Der Elfenleiber Silberlicht
Erbleicht am hellen Tagesschein.
Sie sind ein zarter Morgentraum,
Ein Sonnenstaub von Baum zu Baum,
    Im ersten, halben Morgenlicht.

 
 

Morgenküsschen-Gedicht

Was tut man nicht alles für ein Morgenküsschen, sogar in Versen reden. Reden müsste man auch über den Schluss. Ich bin nicht sicher, ob die Rosen mit der ihnen zugedachten Rolle so glücklich sind.

Storm: Morgens

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Ein besonderer Morgen

Sozusagen im Paradies wacht das Ich in diesem Gedicht auf, in einem irdischen Paradies. Eva ist jedoch auch schon da (inklusive Versuchung).

Hans Ehrenbaum-Degele · 1889-1915

Morgensonne kauert auf der Schwelle ...

Morgensonne kauert auf der Schwelle.
Träumerisch entschleiert sich dein Blick.
Deines schlanken Leibes weiche Welle
Trägt mich hin in eine süße Helle.
Rosenfarben wölkt sich mein Geschick.

Alle Straßen sind nun ganz aus Gold.
Jeder Windhauch sagt ein liebes Wort.
Jeder Wagen, der vorüberrollt,
Trägt ein Jubeln meines Glückes fort.

 
 

Ein Guten-Morgen-Gedicht für den Winter

Wen die dunklen Wintermorgen lähmen, der mag mit diesem Guten-Morgen-Gedicht vielleicht etwas aufgemuntert werden.

Mörike: An einem Wintermorgen, vor Sonnenaufgang

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Ein guter Morgen in der Natur

Der Herr Hoffmann von Fallersleben nimmt sich ein Beispiel an der Natur, um in einen guten Morgen zu finden. Sicher kein verkehrter Ansatz.

Hoffmann von Fallersleben: Morgenlied

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Expressionistischer Morgen

Dieses Morgen-Gedicht erinnert mich an einen Hund, der mit weit aufgerissenem Maul auf einen zu läuft, während Herrchen ruft „Der will nur spielen“. Zum Glück hat ein Morgen keine Zähne, kann also nicht so schlimm werden.

Stramm: Der Morgen

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Zu HaikuHaiku: Morgendliche Kurzgedichte aller Art