Gute-Besserung-Gedichte
Ob man mit einer Grippe, einem gebrochenen Bein oder anderen Widerwärtigkeiten darniederliegt, ein Gute-Besserung-Gedicht soll wieder etwas Mut geben, die Selbstheilungskräfte aktivieren. Denn natürliche Heilung kommt von innen, das weiß jeder Placebo-Hersteller. Verpackungshinweis zu den Gedichten: Risiken und Nebenwirkungen sind bisher keine bekannt.
Das Auf und ab einer Krankheit
Berg und Tal dienen in diesem Gute-Besserung-Gedicht als Bilder für Gesundheit und Krankheit.
Emanuel Mireau · geb. 1974
Hinauf
Und schleppst du dich durchs Tal
Und siehst zum Berg hinauf
Und jeder Schritt wird dir zur Qual
Und andre scheinen obenauf
Dann sage dir
Kein Berg ist ohne Tal
Im Stand beginnt der Lauf
Ich sammle Kraft von Mal zu Mal
Und fliege bald den Berg hinauf
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Kampf gegen die Krankheit
Sich schlecht fühlen, wenn man erkrankt, das ist ein gutes Zeichen, behauptet dieses Gedicht. Wie viele Semester Medizin der Dichter studiert hat, ist jedoch nicht bekannt. Von daher ist seine Diagnose mit Nachsicht zu genießen (er meint’s ja gut).
Hans Retep · geb. 1956
Krank
Du fühlst dich schlapp und antriebslos
und hundemüd’?
Das sind doch gute Zeichen!
Verzweiflung ist verfrüht.
Dein Körper kämpft für dich!
Nun stör’ ihn nicht
und halte Ruh’,
er kennt sich aus,
geht weise vor
und immerzu.
Denk lieber an die Zeit,
wenn es dir wieder besser geht,
dass eins du nicht vergisst:
Egal wie schlecht es steht,
dein Körper kämpft für dich!
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Krankheitsloch
Wenn man krankheitsbedingt in ein tiefes Loch fällt – rein stimmungstechnisch –, dann hilft vielleicht ein Perspektivwechsel, um wieder hochzukommen.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Tiefes Loch
Wer in ein tiefes Loch fällt,
hat wieder festen Boden unter den Füßen
und oben sieht man
sein eigenes Stückchen Himmel.
Das Hinaufklettern mag mühselig sein,
ist aber sehr erregend.
Und nichts ist schöner als der Augenblick,
wenn man sich aus dem Loch hievt
und wieder die Welt sieht und spürt
mit ihren Tausenden von Wundern,
die man so gering schätzte,
bevor man ins Loch fiel.
Bedenkt man es genau,
sollte man eigentlich niemandem verraten,
wo sich dieses tiefe Loch befindet.
Denn dann wollen alle mal,
und in einem überfüllten Loch herumzukraxeln
ist wahrlich kein Spaß.
Ganz Clevere machen ihr Loch zu Geld,
bieten geführte Touren,
aber solchen Leuten sollte man misstrauen.
Das ist nicht das wahre Locherlebnis.
Das eigene Loch ist immer noch das tiefste
und schönste, in das man hineinfallen
und aus dem man wieder ins Leben
zurückklettern kann.
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Was gesund macht
Eigentlich ganz einfach: Menschliche Zuwendung wirkt besser als jedes Placebo, und die sind ja schon nicht ohne.
Hans Retep · geb. 1956
Wunderheilung
Ein Blick treibt alle Sorgen fort,
ein Lächeln heilt mehr als jedes Wort,
berührt zu werden, gibt neue Kraft,
doch Liebe ist's, die Wunder schafft.
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Einfacher Gesundheitstipp
Jeder hat so seine Mittelchen, um eine Grippe zu kurieren. In diesem Gedicht wird ein etwas altmodisches Verfahren empfohlen.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Wie ich meine Grippe kurierte
Am ersten Tag: Da schmerzte es
im Hals.
Am zweiten Tag: Da füllte sich
die Nase.
Am dritten Tag: Da glühte mir
die Stirn.
Und ich verstand
und setzte einen Hut auf.
Am vierten Tag: Da war die Grippe
fort.
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Einfaches Heilungsrezept
Wenn der Tod ein Freund ist, dann lässt er mit sich reden, so lautet das einfache Heilungsrezept in diesem Gedicht.

Matthias Claudius und Freund Hain
Das Gedicht Nach der Krankheit 1777 beruht auf einer wahren Begebenheit. Die Jahreszahl ist – denn auch das wäre möglich – keine Täuschung, die Authentizität vorspiegeln soll. Nachdem Matthias Claudius bei der Zeitung Wandsbecker Bote gekündigt worden war, hatte er auf Vermittlung von Herder die Stelle eines Oberlandcommisarius im kleinen Fürstentum Hessen-Darmstadt inne. Er hielt dort nur ein Jahr aus, bevor er wieder mit der ganzen Familie nach Wandsbeck zurückzog, doch in diese Zeit fiel seine Erkrankung, die ihn anscheinend in die Nähe des Todes brachte.
Es kann natürlich sein, dass er etwas übertrieb, wie das Männerart ist (die berühmte Männergrippe, fieseste Krankheit aller Zeiten!), aber so hatte er Gelegenheit, Freund Hain in einem Gedicht unterzubringen. Sein Verhältnis zum personifizierten Tod war ein literarisch-spezielles. Als Matthias Claudius die ersten beiden Bände seiner gesammelten Werke 1775 herausbrachte, widmete er diese nicht, wie damals üblich, einem adeligen Wohltäter, sondern eben dem Klappermann Freund Hain.
Dazu muss man sagen, dass der Tod zu jener Zeit eine wesentlich freundlichere Gestalt hatte. Die bevorzugte Darstellung war Thanatos (Gott des Todes) und Hypnos (Gott des Schlafes) als Jünglinge. Thanatos löschte ein Leben, indem er eine Fackel verkehrt herum hielt. Das Bild vom Skelett mit Sense, wie es Claudius in der Widmung brachte, war eigentlich überholt.
Seine gesammelten Werke liefern auch den Hinweis auf den im Gedicht genannten Asmus. Ihr Originaltitel lautete: Asmus omnia sua secum portans, oder Sämtliche Werke des Wandsbecker Boten, I. und II. Teil. Asmus war eine literarische Figur, die Matthias Claudius für den Wandsbecker Boten entwickelt hatte. Tatsächlich war den meisten seiner Zeitgenossen zuerst unter diesem Namen bekannt.
Mehr zum Thema findet man in dem Freund Hain-Buch hier beim Lyrikmond.
Eine gesunde Pause
Das Positive zu sehen, wenn man krank brach liegt, ist nicht einfach. Das folgende Gedicht mit Gesundheitswunsch versucht es trotzdem.
Pia Goch · 1960-2016
Gesundheit!
Wenn’s zwickt und zwackt und AUA! tut,
tut mancher Zuspruch wahrlich gut.
Ich möcht’ dir helfen, kann’s nur nicht,
vielleicht hilft dir ein Kurzgedicht:
Wer krank ist, hat mal Pause
und lässt das Weltgebrause
an sich vorüberziehn.
Wenn man’s so recht betrachtet,
ist Ruhe – sonst gering geachtet –
die beste Medizin.
Von mir noch einen lieben Gruß,
werd’ bald gesund von Kopf bis Fuß!
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Ein Gute-Besserung-Gedicht von Goethe
Auch der große Goethe war sich nicht zu fein, einen Vierzeiler als Gute-Besserung-Gedicht zu schreiben.
Johann Wolfgang von Goethe · 1749-1832
Schon verloschen sind die Stunden ...
Schon verloschen sind die Stunden,
Hingeschwunden Schmerz und Glück;
Fühl es vor! Du wirst gesunden;
Traue neuem Tagesblick.
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Gute Besserung mit Schmetterling
Ein Schmetterling wünscht Gute Besserung, der sich extra aus dem Urwald aufgemacht hat, um die kranke Freundin zu besuchen:
Gottfried Kinkel · 1815-1882
An eine kranke Freundin
Durch das grüne Urwaldsdunkel,
Durch der Ranken eng Geschling
Schmiegt in leuchtendem Gefunkel
Doch sich keck der Schmetterling.
So in kranker Freundin Zimmer,
Das vor meinem Gruß sich schließt,
Fliegt ein Lied, das sanften Schimmer
In der Krankheit Dämmer gießt.
Ihr den Morgengruß zu sagen,
Flattre, leichter Falter, hin,
Dann nach ihrem Weh zu fragen
Und zu klären ihren Sinn.
Wie ein Kraut, gepflückt im Düstern,
Aus der Wunde zieht den Pfeil,
So von deinem Zauberflüstern
Werd’ ihr Herz gesund und heil.
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Optimismus für Kranke
Einen Optimistik-Grundkurs für den Kranken liefert Dichter Weber in diesem Gedicht, das ein bisschen altbacken klingt und doch keinen Grund zur Klage liefert: Die vierte Zeile ist überraschend schön und ein guter Grund am Schluss die erste Strophe zu wiederholen.
Friedrich Wilhelm Weber · 1813-1894
O keine Klage!
O keine Klage, liebes Leben,
Sei glücklich, weil der Tag dir lacht;
Das Heute nur ward dir gegeben,
das Morgen ist ein Kind der Nacht.
Wer um des Schicksals Wechselfälle
Sich härmt und bangt in steter Qual,
Der dürstet an der kühlen Quelle,
Der darbt beim reichen Königsmahl.
Nein, liebes Leben, keine Klage,
So lang noch Herz und Sonne glüht,
So lang im frischen Frühlingshage
Am Strauch noch eine Rose blüht.
Und starb die ganze Blumenfülle,
Und deucht die Welt dir öd und leer,
Dann hoffe und erwarte stille
Des holden Lenzes Wiederkehr.
O keine Klage, liebes Leben,
Sei glücklich, weil der Tag dir lacht;
Das Heute nur ward dir gegeben,
das Morgen ist ein Kind der Nacht.
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