Gedichte für Kinder
Eine Auswahl von Gedichten für Kinder hat ein gewisses Problem. Wie alt ist die/der Kleine? Zwei? Fünf? Zwölf? Oder dreißig? Auf der anderen Seite ist manches Gedicht, das für Kinder bestimmt ist, alterslos. Was einen Fünfjährigen begeistert, kann auch einen Fünfzehnjährigen reizen, er gibt es vielleicht nicht gern zu. Ich kann also nur hoffen, möglichst alterslose Gedichte für Kinder erwischt zu haben, damit für jeden etwas dabei ist. Einschlafhilfen nicht nur für Kinder gibt es übrigens bei den Gute-Nacht-Gedichten.

Eine sehr lange Frage für Kinder
Hier hat offensichtlich jemand dem Spieltrieb freien Lauf gelassen. Aber interessant ist die Frage schon: Was ist eigentlich eine Giraffe?
Hans Retep · geb. 1956
Die Giraffe
Die Giraffe, die Giraffe
ist kein Affe, ist kein Affe.
Doch was ist sie dann?
Ein Wal? Ein Huhn? Ein Känguru?
Ein Hai? Ein Hund? Ein Kakadu?
Nein!
Die Giraffe, die Giraffe
ist kein Affe, ist kein Affe.
Doch was ist sie dann?
Ein Dachs? Ein Krebs? Ein brauner Bär?
Ein Has’? Ein Reh? Ein Grashüpfer?
Nein!
Die Giraffe, die Giraffe
ist kein Affe, ist kein Affe.
Doch was ist sie dann?
Ein Floh? Ein Hirsch? Ein Hörner-Stier?
Ein Fuchs? Ein Fisch? Ein Murmeltier?
Nein!
Die Giraffe, die Giraffe
ist kein Affe, ist kein Affe.
Doch … die Giraffe,
die
Gi raf fe
–
stellt sich vor, sie wär ein Affe und hat Spaß daran.
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Ein Amselgedicht für Kinder
Wer sich schon immer gewundert hat, was die Amseln so zusammenträllern, bekommt hier eine Antwort und die lautet: Eigentlich ist es besser, wenn man’s nicht weiß.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Die Amsel auf dem Dach
Die Amsel auf dem Dach dort singt
von ihren Abenteuern
in fernen Ländern.
Sie singt
von ihren Kämpfen mit den Löwen
in den Wüstenwäldern Afrikas.
Sie singt
von ihrem tollen Südpol-Büdchen,
wo sie den Pinguinen Wassereis verkauft hat.
Sie singt
von ihren Flügen durch den Weltenraum
als erste Amsel überhaupt.
Sie singt …
ach nein,
ich glaube, diese Amsel
– spinnt.
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Kinder mögen Wiederholungen
Wenn was gut ist, dann können Kinder nicht genug bekommen von Wiederholungen, da gleichen sie Fernsehzuschauern (oder andersherum). In diesem Gedicht für Kinder wird viel wiederholt, aber gleichzeitig eine anatomische Neuerung eingeführt.
Georgi Kratochwil · geb. 1979
Das Beinlied
Der Wind hat mein Bein
Der Wind hat mein Bein
Der Wind hat mein Bein auf den Baum geweht.
Die Kinder, die lachen
Die Kinder, die lachen
Die Kinder, die lachen über mein Missgeschick.
Wie hol ich das Bein
Wie hol ich das Bein
Wie hol ich das Bein von dem Baum herab?
Die Kinder, die schrein
Die Kinder, die schrein
Die Kinder, die schrein: mit dem Lassotrick!
Das Lasso, das schwingt
Das Lasso, das schwingt
Das Lasso, das schwingt sich hinauf in die Höh’,
Und holt mir mein Bein
Und holt mir mein Bein
Und holt mir mein Bein vom Baum zurück.
Oh Wunder, oh Graus
Oh Wunder, oh Graus
Oh Wunder, oh Graus: in der Schlinge sind zwei!
Die Kinder, die lachen
Die Kinder, die lachen
Die Kinder, die lachen über mein Missgeschick.
Doch ich lauf so schnell
Doch ich lauf so schnell
Doch ich lauf so schnell wie kein Mensch auf der Welt.
Denn ich lauf auf drei
Denn ich lauf auf drei
Denn ich lauf aus drei Beinen durchs Feld.
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Schilder-Gedicht
Verbotsschilder sind ein echtes Ärgernis, wenn man lesen kann. Wenn man allerdings wirklich wirklich lesen kann, dann nicht mehr.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Verregneter Sommer
Kinder!
Achtet die Schilder!
Fußballspielen
ist auf deutschem Rasen
meist verboten.
Rugby und Schlammcatchen
bleiben weiterhin erlaubt.
Macht was draus!
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Keine Kindersprüche
Nein, hier kommt ein Gedicht darüber, was die Leute sagen und die Tiere und alle haben Sie Unrecht. Da gibt es tatsächlich jemanden, der es besser weiß.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Wie geht’s? ...
Wie geht’s?
fragte ein Mensch einen Menschen,
und eine Ente, die gerade vorüberflog,
dachte: Komisch, wissen die nicht,
was sich gehört?
Wie fliegt’s?
heißt es in allen Lüften,
und sie landete spritzig im Teich,
verschreckte dabei einen Fisch,
der sich empörte:
Schuppenloser Überwasserplanscher
und unhöflich obendrein!
Wie schwimmt’s?
sagt man hier, das weiß jedes Flossentier.
Zufrieden lächelte der Teddybär,
der sich diese Szenen gerade
ausgedacht hatte:
Wie stumpfkantig sind jene Wesen.
Natürlich muss es heißen:
Wie knuddelt’s?
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Märchenhaftes Gedicht
Das Märchen vom Rennen zwischen Hase und Igel wird in diesem Gedicht verreimt aufbereitet. Passenderweise im Wechsel von kurzen und langen Versen, denn einer der beiden ist schneller am Ziel als man je glauben würde.
Hans Retep · geb. 1956
Der Hase und der Igel
Der Hase glaubte,
er sei der Schnellste im ganzen Land.
Da hat er aber
den flotten Igel noch nicht gekannt.
Der Igel lachte:
„Ich laufe viel, viel schneller als du!“
Der Hase schnaubte
und sagte für ein Wettrennen zu.
Die beiden stellten
des Morgens am Ackerrand sich auf.
Ein jeder hatte
die eigene Furche für seinen Lauf.
Der Hase raunzte:
„Du wirst mich gleich nur von hinten sehn.“
Der Igel scherzte:
„Ich werde winkend am Ziele stehn.“
Der Hase zählte
auf drei und ratz-fatz ging los die Hatz.
Der Igel rannte
ein kurzes Stück und blieb zurück.
Der Hase strahlte
voll Zuversicht dem Ziele nah.
Der Igel aber
er winkte vom Ende: „Ich bin schon da!“
Der Hase keuchte:
„Was geht hier vor? Der Sieg war mein.“
Der Igel bemerkte:
„Dann musst du zuerst am Ziele sein.“
Der Hase verlangte:
„Ich will Revanche, wir rennen erneut.“
Der Igel meinte:
„Gut, gut, bin keiner, der die Revanche scheut.“
Der Hase zählte
auf drei und ritz-fitz lief los wie der Blitz.
Der Igel rannte
ein kurzes Stück und blieb zurück.
Der Hase strahlte,
den Sieg er schon vor Augen sah.
Der Igel aber
er winkte vom Ende: „Ich bin schon da!“
Der Hase verlangte
nach weiteren Rennen (bis er gesiegt).
Der Igel machte
die Rennerei mit und blieb vergnügt.
Der Hase rannte
und rannte wie ein tumber Tor.
Der Igel lässig
kam ihm noch jedes Mal zuvor.
Der Hase rannte,
bis er entkräftet zusammenbrach,
und blieb still liegen,
weil er sich schämte ob seiner Schmach.
Der Igel aber
der ging hinüber zu seiner Frau
und sagte grinsend:
„Wer schnell läuft, guckt nicht so genau.“
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Ein Märchengedicht für Kinder
Ein Uhr-altes Märchen wird in diesem Gedicht erzählt und erklärt, warum der Sekundenzeiger mit einer solchen Ausdauer rund um die Uhr läuft.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Das Märchen vom Sekundenzeiger im Minutenwald
Es war einmal
ein Sekundenzeiger,
der ging durch den Minutenwald
und fürchtete sich sehr.
Riesig ragten die Minutenbäume in den Himmel,
und immer
wenn er glaubte, den Weg aus dem Wald gefunden zu haben,
schoss
ein Minutenbaum vor ihm empor.
Er ging weiter und weiter
und fand keinen Weg aus dem Wald.
Schließlich
blieb er stehen.
Da erschien die kleine Uhrenfee und fragte:
„Warum gehst du nicht weiter?“
„Ich fürchte mich
vor den Minutenbäumen
und finde keinen Weg aus dem Wald“,
antwortete der Sekundenzeiger den Tränen nah.
Die kleine Uhrenfee lachte:
„Was bist du für ein Dummerchen!
Weißt du denn nicht,
dass du der König des Minutenwaldes bist
und alle Minutenbäume ihr Leben dir verdanken?“
„Ich?
Der König?“,
fragte ungläubig der Sekundenzeiger.
„Ja!“, jubelte die kleine Uhrenfee.
„Immer wenn du 60 Schritte gegangen bist,
bringst du einen Minutenbaum hervor.“
„Ich mach das?
Das glaub ich nicht“,
brummelte der Sekundenzeiger.
„Glaube, glaube, glaube“,
spottete die kleine Uhrenfee.
„Probier’s aus!
Dann weißt du’s!“
Der Sekundenzeiger
ging vorsichtig
einen Schritt weiter
und noch einen
und noch einen
und vier
und fünf
und zehn
und zwanzig
und fünfzig,
achtundfünfzig,
neunundfünfzig,
sechRUMS schoss ein Minutenbaum aus dem Boden.
Für einen Augenblick
erschrak der Sekundenzeiger,
doch dann klatschte er in die Hände und rief:
„Ich bin der König!“
Und er ging weiter und weiter,
und wenn er nicht gestorben ist,
dann geht er noch heute
rund
um die Uhr.
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Regengedicht für Kinder
Ein etwas schräges Regengedicht für Kinder wird hier angeboten, aber es reimt sich – irgendwie.
Hans Retep · geb. 1956
Regenmütz
Ich pütz die Mütz,
sie ist mein Schütz,
fall ich in eine Regenpfütz.
So kann kein Regentierchen
mein Haar mit Schlamm verzierchen
zu seinem bös Plaisierchen,
Geschützt mit Mütz
lauf ich rütz-fütz
durch alle plitsch-platsch Regenpfütz.
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Polizist und Kind
Gegenüber Kindern können Polizisten mal so richtig zeigen, wie wichtig sie sind. Der Polizist in diesem Gedicht nutzt das zur Verkehrserziehung.
Hans Retep · geb. 1956
Polizeiliche Ampel-Belehrung
(empfohlen für Kinder unter zehn Jahren)
Hey du da komm zurück
Das ist ein starkes Stück
Eh ich die Waffe zück
Belehr ich dich zum Glück
Ich hab genau geseht
Wie du bei Rot gegeht
Wenns Auto dich überfäht
Dann ist zu früh zu spät
Sei lieber nicht so kühn
Und warte auf das Grün
Dann gehe ohne Mühn
Unds Leben ist lang und schün
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Gedicht oder Geschicht’
Diese Geschicht’ kommt in einem Gedicht gekleidet daher. Warum es ein Gedicht ist, erklärt ein Experte für Gedichte höchstselbst.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Die Befreiung
Ich schwöre,
es war kein
Loch in der Paprika,
als ich sie aufschnitt.
Und doch
fand ich einen winzigen
Maulwurf darin.
Er bewegte sich!
„Wie kommst du hier rein?“,
rief ich unwillkürlich.
„Blöde Frage“,
quiekte der Maulwurf.
„Ich bin hier geboren.“
Ich schüttelte heftig den Kopf.
„Träum ich?
Maulwürfe
werden nicht in Paprikas geboren
und sprechen
können sie schon gar nicht.“
„Klugscheißer“,
höhnte der Maulwurf.
„Wie komm ich dann
in die Paprika,
und wieso
sprichst du mit mir?“
„Ich muss träumen!“,
schrie ich.
„Ich muss träumen!“,
äffte mich der Maulwurf nach.
„Träum weiter!
Aus Träumen
kann man erwachen,
doch du
steckst in einem Gedicht.“
„Waswaswaswas?
Ich steck in einem Gedicht?
Was ist das für ein Blödsinn?“
„Ok,
du glaubst mir nicht“,
sagte gelangweilt der Maulwurf.
„Du bist in einem Traum?
Na dann:
Wach
auf!“
Ich wachte nicht auf.
Noch immer
hielt ich die Paprika
mit dem winzigen Maulwurf
in der Hand.
„Und?
Geht nicht?“,
quiekte der Maulwurf.
„Nein,
geht nicht.“,
gab ich zu.
„Also.
Noch
mal.
Du
und ich,
wir
stecken in einem Gedicht
fest.“
„In einem Gedicht?“
Trotz allem
war ich nicht überzeugt.
„Aber wo sind die Reime?
Und wer
hat je davon gehört, dass
in einem Gedicht
ein Maulwurf
mit einem Menschen spricht?
Das ist Dialog!
Den gibt’s nur in Geschichten.
Oder in Dramen.“
„Viel Ahnung hast du nicht, hm?“,
sagte der Maulwurf geringschätzig.
„Ein Gedicht
ist das Ding mit Pausen.
Die Pausen
erzeugen einen Rhythmus,
den es sonst
nicht geben würde.
Das ist die Form.
Reime
braucht es schon lange nicht mehr.
Auch wenn du gerade einen produziert hast,
hätte ich fast gesagt“,
sagte der Maulwurf.
„Doch ich
spreche nicht.
Auch du
sprichst nicht.
Der Dichter
spricht.“
Ich war sprachlos.
„Gut.
Nun gut.“
Ich versuchte mich zu sammeln.
„Und wie
kommt man aus einem Gedicht
hinaus?“
Der Maulwurf schüttelte den Kopf.
„Du weißt aber auch gar nichts.
Wie
bin ich
aus der Paprika gekommen?“
„Ich habe sie aufgeschnitten.“
„Siehst du,
war gar nicht so schwer.
Wir müssen warten,
bis das Gedicht
aufgeschnitten wird.“
Ich sah den Maulwurf an.
Der Maulwurf
sah mich an.
Und wir warteten.
Auf dich!
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Ein Klassiker unter den Kindergedichten
Der Ribbeck darf bei Gedichten für Kinder natürlich nicht fehlen, wobei ein Grundverständnis über Leben und Tod vorausgesetzt wird.


Ein Gedicht für Kinder von Ringelnatz
Bei Ringelnatz kann eigentlich nicht viel schief gehen. Viele seiner Gedichte sind für Kinder bis ins hohe Alter geeignet, wobei dieses Gedicht zweifellos eher die jüngeren anspricht.


Noch ein Gedicht für Kinder von Ringelnatz
Dieses Ringelnatz-Gedicht für Kinder ist eines mit einem Schuss Moral, obwohl eher das Wunder der Natur, aus einem kleinen Korn einen Baum zu machen, im Vordergrund steht.


Was im Wald los ist
Im Wald kann man als Kind große Abenteuer erleben, davon wissen selbst die Tannenwurzeln zu erzählen, und tun es auch, exklusiv in diesem Gedicht:


Regen-Gedicht für Kinder
Das mit dem Regen ist einfach zu lösen: Erstmal braucht Kind einen Schirm und dann geht es zum Kaufmann was kaufen, lässt es einpacken und bringt es nach Hause. Alle Regen-Probleme gelöst.


Woanders schlafen
Woanders schlafen, das ist aufregend, und wie dieses Ringelnatz-Gedicht für Kinder zeigt, sogar aufregender als man jemals glauben würde.


Kindergedicht über einen Esel
Ein gar trauriges Gedicht schrieb der Mondmann Matthias Claudius über einen Esel. Zum Glück hat es wenigstens ein gutes Ende.


Kindergedichtchen mit Hühnerchen
Auch aus Kindergedichten kann man fürs Leben lernen. Also, falls jemand mal als Huhn wiedergeboren wird, ist das folgende Gedichte sehr nützlich.


Ein Gedichtchen für Kinderchen
Dieses Gedicht für Kinder hat gewisse Gefährchen und damit meine ich nicht die fließenden Zährchen, was ein alter Begriff für Tränchen ist. Die Gefährchen bei diesem Märchen werden klärchen, wenn man’s liestchen.


Ein Gedicht für Kinder über Schnee
Schnee ist Zauberei, das zeigt Christian Morgenstern in diesem Gedicht für Kinder, bei dem alles mit einer Glocke anfängt.


Ein Gedicht für Kinder von Goethe
Goethe, der alte Meister, hat auch für Kinder den Reimstab geschwungen, und nun wird er dieses Gedicht nie wieder los.

