Unterm Lyrikmond

Gedichte lesen, schreiben und interpretieren

Gedichte über Schule

Ich weiß nicht, was sich Internetnutzer erhoffen, wenn sie Gedichte über die Schule suchen. Einen verklärenden Blick in die gute, alte Schulzeit? Einen Glückwunsch zur Gehirnwäsche? Oder vielleicht ein paar kritische Worte über ein antiquiertes System? Was auch immer, gelernt ist gelernt: Ich habe bei der Auswahl der Gedichte über Schule versucht, es keinem recht zu machen.

 
 

Gedicht aus Schülersicht

Scheinbar schlägt sich dieses Gedicht über die Schule ganz auf die Schülerseite, aber eben nur scheinbar.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Was uns an der Schule stört

Bei Mathe stören die Zahlen,
bei Deutsch die Wörter,
bei Englisch die Vokabeln,
bei Erdkunde die Länder
und bei den Pausen die Enden.

Was gar nicht geht, sind Lehrer,
die uns das Leben leeren,
die Zeit minutenweise absaugen,
bis sie rote Bäckchen kriegen
und wir blass und leblos
auf den Stühlen gammeln.

Das einzige, was an der Schule nicht stört,
ist der Schlussgong,
der zwar Stunden zu spät kommt,
doch er kommt.
Darauf ist Verlass.

Dann können wir endlich
unsere geleerten Hirne
mit all dem Zeug füllen,
das uns so viel Spaß macht
und vor dem die Lehrer warnen.

Vielleicht haben sie recht,
aber das werden wir erst wissen, wenn’s zu spät ist,
und dann können wir immer noch die Schuld
der bescheuerten Schulzeit in die Schuhe schieben.

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Rückblick auf die Schulzeit

Ein Blick zurück im Zorn richtet dieses Gedicht auf die verflossene Schulzeit. Der letztendliche Grund für diesen Zorn ist allerdings etwas eigenartig.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Schulzeit

Schüler auf dem Weg zur Schule.
Erinnerungen
an ein Klassenzimmer, sonnendurchflutet,
Holztische, -stühle, die grüne Tafel,
Gerenne und Geschrei;
an den Geruch
einer geöffneten Schultasche,
Leder, Bücher, Pausenbrot.
War das nicht eine schöne Zeit?
Nein.
Sie haben uns gezwungen,
Dinge zu lernen,
die wir nicht lernen wollten.
Sie haben uns gezwungen,
Dinge zu lernen,
die uns nichts nutzten.
Sie haben nicht einmal versucht,
uns beizubringen,
wie man ein Gedicht schreibt.

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Kommentar Hans-Peter Kraus:
Es gibt eine gelungene Verfilmung des Textes von Schülern am Franziskanergymnasium Kreuzburg in Großkrotzenburg: Schulzeit - der Film.

 
 

Schülergenerationen

So ein Lehrkörper schleust zig Schülergenerationen durch die Schule. Erstaunlicherweise gibt es keinen Fortschritt, sondern nur Rückschritt, trotz aller Fortschritte im Bildungssystem.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

In 20 Jahren

Jene Schüler,
über die man sich
lehrkörperseits
vor 20 Jahren bitter beklagt hat,
werden der heutigen Generation
als vorbildlich gepriesen.
Also Kindas,
haltet durch,
in 20 Jahren
kommt ihr ganz groß raus.

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Einschulung im Gymnasium

Da will die Schulleitung und der Lehrkörper alles richtig machen am ersten Tag, und was kommt dabei heraus? Ein Gedicht über die Schule.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Sonnenblumenkinder

Hoffnungsfroh
ziehen die neuen Fünftklässler
mit ihren Eltern die Straße hinauf
zum Gymnasium.
Gymnasium!
Als sie die mit Sonnenblumen geschmückte Aula
betreten, werden die Blicke der ersten Neuschüler
unruhig.
Als die Direktorin ihre enthusiastische Willkommensrede
mit einem Vortrag über das Wunder der Sonnenblumen
verknüpft,
deren Blüten in vollständiger Harmonie dem Lauf
der Sonne gehorchen, senken
die Kinder die Blicke zu Boden.
Als dann die neuen Klassenlehrerinnen ihren
Schützlingen Sonnenblumen überreichen, erbleichen
ihre kindlichen Wangen.
Fröhlich plaudernd ziehen die Eltern gen Mittag
die Straße hinunter.
Die Kinder
gehen still hinterher,
starren mit Bangen
ihre Sonnenblumen an.

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Kurzes Gedicht aus dem wahren Schulleben

Man kann nicht sagen, dass einen das wahnsinnig gestört hat, wenn statt Unterricht Anekdoten aus dem Lehrerleben erzählt wurden, nur manchmal hätte es man lieber gehabt, dass einem was erklärt wird, als alte Geschichten zum x-ten Mal zu hören.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Der Mathe-Lehrer erzählt ...

Der Mathe-Lehrer erzählt
schon wieder
die Geschichte von seinem Hund,
der ein Kind gerettet hat.

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Gedicht über den Schulweg

Es wird alles besser, der Fortschritt ist unaufhaltsam, auch beim Weg zur Schule:

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Schulgang

19. Jahrhundert:
Den langen, langen Weg zur Schule
gingen die Kinder zu Fuß hin
und etwas freudiger
wieder zurück.

20. Jahrhundert:
Der lange Weg zur Schule
war mit dem Rad flott geschafft
und zurück gab’s Rückenwind.

21. Jahrhundert:
Den Weg zur Schule
mit dem Auto gebracht,
mit dem Auto abgeholt.

22. Jahrhundert:
Kein Weg zur Schule.
Die Schule ist im Netz,
die Wohnung barrierefrei.

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Religion in der Schule

Auch im Religionsunterricht gibt es Noten. Da muss man seine eigenen Gedanken für sich behalten, weil Abzug in der B-Note. Aber dafür gibt es ja Gedichte, wo man rauslassen darf, was raus muss.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Der Religionslehrer redet von Gott ...

Der Religionslehrer redet von Gott,
als ob der wirklich existieren würde.
Na ja, ist ein Job,
immer noch besser
als bei jedem Wetter
Löcher buddeln.

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Noch mal Schulweg

Auch in diesem Gedicht geht es um den Weg zur Schule. Auf diesem Weg müssen Widerstände überwunden werden, nicht nur psychologischer Natur.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Gebeugten Haupts ...

Gebeugten Haupts
und zögernden Schritts
gehen die Kinder durch
den dunklen Morgen zur Schule.
Ist es der Tornister, der sie drückt?
Vielleicht.
Ist es die drohende Klassenarbeit?
Vielleicht.
Ist es das Smartphone in der Hand?
Ganz sicher.

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Gedicht über Schulstress

Nicht nur Schüler haben Stress in der Schule, jede Note ist auch eine Note über die Lehrerin, den Lehrer.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Klassenarbeit

Die Lehrerin verhaspelt sich
bei der Erklärung
der ersten Aufgabe.
Warum ist sie so nervös?

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Gedicht über Mathe

Der Poet als Mathematiklehrer demonstriert in diesem Gedicht, warum er sich besser von der Schule fernhalten sollte.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Poetische Mathematik

Hallo, liebe Kinder!
Könnt ihr eins und eins zusammenzählen?
Natürlich könnt ihr das:
Nehmt 0,7, ist aufgerundet 1,
Nehmt noch mal 0,7, ist aufgerundet 1,
0,7 plus 0,7 ist 1,4,
1,4 müsst ihr abrunden, also:
1+1=1

Das war einfach.
Aber 2+2 ist auch nicht schwieriger:
Nehmt 2,3, ist abgerundet 2,
Nehmt noch mal 2,3, ist abgerundet 2,
2,3 plus 2,3 ist 4,6,
4,6 müsst ihr aufrunden, also:
2+2=5

Und nun ist die berühmte Transferleistung gefordert:
Wie viel ist ein Gedicht hoch drei?
Nachdem ihr die vorigen Verse
Aufmerksam gelesen habt,
Dürfte euch die Antwort
Nicht schwer fallen.

Na?

Richtig!
Bravo!
Ein Gedicht ist ein Gedicht ist ein Gedicht.

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Was in der Schule wichtig ist

Endlich sagt mal einer, was wirklich wichtig ist in der Schule. Tipp vorab: Die Noten sind es nicht.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Die Mathelehrerin sagt ...

Die Mathelehrerin sagt, dass Mathe
das wichtigste Schulfach sei.
Der Deutschlehrer sagt, dass Deutsch
das wichtigste Schulfach sei.
Der Physiklehrer sagt, dass Physik
das wichtigste Fach für unsere
geistige Entwicklung sei.
Die Religionslehrerin sagt, dass Religion
das wichtigste Fach für unsere
geistige Entwicklung sei.
Die Pausen sagen uns,
was wirklich wichtig ist.

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Was reimt auf Schule?

Dieses Gedicht zeigt, dass Reime auf Schule nicht gerade erquicklich und zum Teil ziemlich verstaubt sind. „Nicht gerade erquicklich“ und „ziemlich verstaubt“, woran erinnert mich das bloß?

Hans Retep · geb. 1956

Schule reimt blöd

Der Wecker reißt mir den Kopf vom Pfuhle.
Ich krieche aus meiner warmen Kuhle.
Noch still und schläfrig ohne Bambule
komm ich grad so beim Gong zur Schule –
und nehme Platz auf meinem Stuhle –
und bin so wach wie eine Uhle.
Doch als ich in der Nase puhle,
der Lehrer spricht, statt in der Schule
auch er wär lieber am Swimmingpoole,
nur geht’s nicht an in dieser Schule,
dass jeder sich in der Nase suhle.
Da sage ich: In meinem schedule
steht, dass ich heut in der Nase puhle.
Schon blökt der Lehrer wie ein Mule,
das fänd er überhaupt nicht coole
und gibt mir auf, dass nach der Schule
ich lernen muss: Der König in Thule.
Das aber trifft meine tiefsten Gefuhle,
ich wollt doch nachher zu meiner Buhle.

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Gedicht zu den Sommerferien

Für die großen Wunder ist ja normalerweise der HErr zuständig. Von daher ist es nur recht, wenn ihm für das Wunder der großen Ferien gebetsweise gedankt wird.

Hans Retep · geb. 1956

Dankgebet für die großen Ferien

Lasset uns danken dem lieben Gott,
und allen süßen Engelein,
dem Jesuskind, auch Mohammed,
und sämtlichen Propheten,
dass nicht nur in Großenkneten
die Schule darf geschlossen sein.
Die Lehrer werden im Regal verstaut,
zu lang haben sie uns die Zeit versaut.
Ab heute beginnt das wahre Leben
für alle,
die nicht am Bildschirm kleben.

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Noch ein Gedicht über die Sommerferien

Die Sommerferien sind das Wichtigste an der Schule, da muss man nicht viele Worte machen, die Taten zeigen es.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Sommerferien ...

Sommerferien
in der Schulmauer
klafft ein Loch

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Mehr Schule!

Den Humor dieses schrägen Gedichtes werden wohl weder Lehrer noch Schüler zu schätzen wissen. Manche Eltern hingegen würden eine Petition in dieser Sache sofort unterschreiben. Diese Raben!

Hans Retep · geb. 1956

Flaneurs Lamento

Die Schule ist geschlossen.
Hier liegt die Zukunft unsrer Kinder brach!
Was soll aus ihnen werden,
wenn sie noch niemals nie genossen
den Unterricht am Samstagnachmittag?

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Gedicht über schlechte Schüler

Auch wenn es zur Standardargumentation in Sachen Schule gehört, dass man sich durch schlechte Leistungen dort das Leben vermurkst, zeigt dieses Gedicht kurz und knackig, dass das Leben nach der Schule nicht unbedingt eine Einbahnstraße ohne Abbiegemöglichkeit sein muss.

Dennis Boysen · geb. 1990

Wer sich will erdreisten ...

Wer sich will erdreisten,
in der Schule nichts zu leisten,
zeigt auf des Lebens Reise,
ob er töricht oder weise.

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Ein Gedicht zum Schulanfang

Ganz harmlos gibt sich Wilhelm Busch beim Thema Schule. Einzig das Wörtchen „muss“ im letzten Vers könnte etwas Kritik andeuten.

Busch: Also lautet ein Beschluss ...

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Gedicht über den ersten Schultag

Das folgende Gedicht dürfte so ziemlich das erschütterndste zum Wechsel von der unbeschwerten Kindheit zur langjährigen Schulzeit sein.

Jakob Julius David · 1859-1906

Erster Schulgang

Heut hab ich mein Mädel zur Schule gebracht.
Gar schlimme Gedanken hab ich gedacht:
Mein Herzenskleinchen, mein Sonnenscheinchen,
Nun tust du auf deinen flinken Beinchen
Aus unsrer überängstlichen Mitte
In die schlimme Welt deine ersten Schritte,
Und bist für immer hingegeben
Dem bösen Feinde – ich meine das Leben.
Lernst früh aufstehn und tausend Pflichten
Unnütz als nötig Ding zu verrichten.
Wir haben dir jede Lüge verwehrt;
Nun siehst du, wie sie die Welt durchfährt.
Wir zogen dich auf zu Wahrheit und Reinheit.
Wer aber siegt? Wahr dich! Die Gemeinheit.
So ziehen dir ins Herzelein
Denn Gram und Neid und Argwohn ein.
Und endlich wirst du, mein liebes Kind,
Wie sie, wir wir, wie alle sind ...

 
 

Gedicht über die Schule

Dieses Gedicht über Schule stammt immerhin vom ersten deutschen Literaturnobelpreisträger. Wahrscheinlich ist der Mann so gut vergessen, weil er nicht mehr in der Schule behandelt wird.

Heyse: Die Bildung, die wir den Kindern erteilen ...

Dieses Gedicht im Textformat

 
 

Erinnerung an einen Lehrer

Ich hoffe, beim folgenden Gedicht werden keine üblen Erinnerungen wach, aber solche Lehrer gibt es bestimmt nicht mehr, oder?

Klabund: Der Lehrer

Dieses Gedicht im Textformat

 
 

Andere Erinnerungen an einen Lehrer

Und siehe da: Der Ringelnatz tanzt mal wieder aus der Reihe. Ein Loblied auf den Lehrer. Ich glaube, ich werde mein Abo der Ringelnatzschen Neuesten Nachrichten abbestellen.

Ringelnatz: An meinen Lehrer

Dieses Gedicht im Textformat

 
 

Die Schule des Lebens

An diesem Gedicht über die Schule des Lebens sind zwei Dinge bemerkenswert: Obwohl es ein altes Stück ist, hat es kaum Reime, und weil es ein altes Stück ist, lässt man ihm den Schluss durchgehen. Heute dürfte man so etwas wohl nicht mehr schreiben, ohne sich verdächtig zu machen.

Gleim: Die Schule

Dieses Gedicht im Textformat

 
 

Gedicht über den Schulabschluss

Was bei uns das Abitur, ist in Österreich die Matura oder Maturität. Wie das Kind auch heißen mag, danach beginnt die große Freiheit und die wird am Schluss dieses Gedichts eingehend besichtigt.

Richard von Schaukal · 1874-1942

Maturitätsfeier

Als wir in kahlem Gemach bei Bier und wölkendem Rauche
sattsam den Tag des Austritts aus der Schule gefeiert,
Reden gehalten hatten und schlechte Gedichte verlesen,
auch zu wiederholten Malen das Gaudeamus gesungen,
und als endlich der Morgen die bleichen Gesichter beglänzte,
erhob man sich müde schwankend von den durchsessenen Rohrstühlen,
und der zögernde Vorschlag ward zum Beschlusse gefestigt,
einen gemeinsamen Gang vor die Stadt zu tun ins Grüne.
Und so zogen wir denn, vom verschlafenen Kellner mit Grollen
wegen des knappen Trinkgelds aus dem Gasthof entlassen,
leere Gassen entlang in fremder einsamer Sonne
schweigend an Gärten vorbei, die taublitzend schlummerten,
bis wir zum Flusse kamen, der gelbe Wogen wälzte.
Und wir standen am Ufer und sahen die Wellen wandern,
und die Freiheit war öde, traurig, grenzen- und trostlos.

Zu HaikuHaiku: Kurzgedichte aller Art über die Schule