Lustige Tiergedichte
Wahrscheinlich würde kein Tier behaupten, dass das Leben lustig ist, aber diese Banausen lesen auch keine Tiergedichte, sonst wüssten sie zu schätzen, wie ein Dichter aus jedem Tier Humor ziehen kann. Dabei besteht natürlich immer die Gefahr, dass Tiere zu Gedichtzwecken menschenähnlich gestaltet werden, doch wer komisch sein will, muss Opfer bringen, in diesem Fall wird eben das Tiersein geopfert. Doch neuere Gedichte zeigen, dass man auch ohne den vermenschlichten Faktor auskommt, wenn man ein lustiges Tiergedicht anbietet. Tier darf Tier bleiben und lustig eben lustig.
Lustiges Zooleben?
Nein, das Zooleben ist nicht lustig, deshalb: Großer Streik, nur leider etwas zu spontan organisiert, aber immerhin eine Forderung geht durch, an die jedermann denken sollte beim nächsten Zoobesuch.
Daniela Heinen · geb. 1978
Streik im Zoo
Der Zoo bleibt heute
geschlossen,
sagen die Elefanten.
Der Grund?
Das Leben ist unfair.
Darum streiken sie
so lange,
bis die Tierpfleger
ihre Forderungen
erfüllen.
Sie wollen stundenlang
im pinken Federkleid
auf einem Bein stehen.
Sie wollen sich an Seilen
und Lianen durch die
höchsten Bäume schwingen.
Sie wollen in klarblauem Wasser
pfeilschnell dahingleiten
und Fische jagen.
Und wenn die Menschen,
die sie anschauen kommen,
ihnen nicht gefallen oder
zu laut sind,
wollen sie diese Menschen mit Kacke bewerfen.
Leider haben die Elefanten
versäumt, eine
Gewerkschaft zu gründen,
weshalb die Verhandlungen
fruchtlos bleiben.
Aber das mit der Kacke
geht klar,
sagen die Tierpfleger.
Das wünschen sie selbst sich auch oft.
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Kommentar:
Dieses Gedicht hat den geteilten ersten Preis beim achten Lyrikmond-Wettbewerb gewonnen. Mehr von und über Daniela Heinen bei: www.wortverloren.com
Katze, grimmig – Gedicht, lustig
Aus der Ferne betrachtet ist eine grimmige Katze eine komische Angelegenheit, das wissen alle Vögel. Was sie noch nicht wissen, steht in diesem Gedicht.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Die Rache der Humpelkatze
Die Humpelkatze kommt
ohne Beute
vom nächtlichen Dienst nach Haus
und Meisen lachen
sie zwitschernd aus.
Ihr dummen Vögel,
denkt grimmig die Katze,
was wisst ihr schon
von der Kunst
der Propellerimplantation!
Wartet nur, balde
nach meiner Operation
werd ich
die Propellerkatze sein
und ihr
vor Angst und Wahnsinn –
schrein!
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Kaninchen-Gedicht
Da denkt man, Kaninchen im Stall, denen geht es gut, keine Probleme, immer zu futtern, doch wie dieses Gedicht zeigt, haben auch Kaninchen Stress. Und wer ist schuld? Wie immer ein Mensch.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Guten Morgen ...
Guten Morgen,
sagt die Frau
zu den Kaninchen im Stall,
die nichts erwidern,
nur nervös gucken
auf das Beil in ihrer Hand.
Als die Frau dies bemerkt,
lacht sie.
Nein, das ist nicht für euch.
Heute Nacht ist Opa gestorben,
und eine Beerdigung, ich weiß nicht,
da kann man ganz schön viel
Futter für kaufen.
Meint ihr nicht auch?
Die Kaninchen nicken
zögernd.
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Gedicht über einen Elefantenschädel
So ein Elefantenschädel ist wie ein Kleiderschrank: passt viel rein, aber wenn man was sucht ...
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Elefantenschädel
Ein Elefantenschädel rast den Berg hinauf,
stockt,
er hat etwas vergessen,
Der Elefantenschädel rast den Berg hinunter,
stoppt,
was war es nur?
Der Elefantenschädel denkt und denkt und
hat’s:
Er ist schon tot.
Und der Reim von dem Gedicht:
Elefantenschädel vergessen nicht.
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Lustiges Tiergedicht für Kinder
Das ist natürlich gelogen, dass es hier um ein lustiges Tiergedicht für Kinder geht. Dieses Gedicht ist eine Auseinandersetzung mit existenziellen Nöten, die durch Tiere verursacht werden. Da muss man mindestens im Häuslebauer-Alter sein, um den Text zu verstehen.
Hans Retep · geb. 1956
Altes Kinderlied
Wer hat die Ratten ins Haus gelassen?
Die Ratten gehörn in finstere Gassen.
Die Ratten wolln nur schlemmen und prassen.
Wer hat die Ratten ins Haus gelassen?
Wer hat den Spinnen Einlass gewährt?
Die Spinnen wissen nich’, was sich gehört.
Die Spinnen sind grauslich wohlgenährt.
Wer hat den Spinnen Einlass gewährt?
Wir räumen das Haus, ’s wird abgerissen.
Die Ratten und Spinnen knabbern an Füßen.
Die Ratten und Spinnen schlummern auf Kissen.
Wir räumen das Haus, ’s wird abgerissen.
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Krokodil-Gedicht
Alles, was man über ein Krokodil wissen muss, verrät dieses Gedicht, und weil Dichter nun mal Mensch, kriegt er natürlich den Bogen zur Krone der Schöpfung.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Ein Krokodil ...
Ein Krokodil
findet es völlig in Ordnung,
ein Krokodil zu sein:
Hässlich und abstoßend,
rohes Fleisch essend,
in den eigenen Teich scheißend.
Macht ihm gar nichts.
Da hilft auch kein Spiegel.
Das ist beim Menschen
ja nicht anders.
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Ameiseninvasion
Überall im Land wird sie gefürchtet: die Ameiseninvasion. In diesem Gedicht ist sie eingetreten. Die Folgen: furchtbar – komisch.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Natürlich bin ich selber schuld ...
Natürlich bin ich selber schuld.
Ich hatte das Eisfach nicht richtig geschlossen
und auch die Tür vom Kühlschrank nicht,
ich hatte es eilig, die Wohnungstür blieb offen,
auch die Haustür schloss ich nicht.
Und als ich die Stadt verließ,
hab ich das Stadttor nicht verschlossen,
die Eis-Ameisen drückten das Stadttor offen,
kamen ins Haus, in die Wohnung, in den Kühlschrank
und haben im Eisfach ein Nest gebaut.
Was mach ich jetzt?
Vanilla-Eis-Ameisen sind vom Aussterben bedroht,
ich kann sie nicht einfach essen.
Natürlich bin ich selber schuld,
aber das hilft mir nicht zu vergessen,
dass in meinem Eisfach Ameisen nisten
und meine Pizzen vertilgen.
Und ich hatte mich schon so gefreut auf die neue Sorte
Pizza Ameisenbär morte.
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Ameisen sind nicht lustig
Gar nicht lustig ist es, mit Ameisen unter einem Dach zu leben, vor allem wenn das Dach die eigene Schädeldecke ist.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Ameisennest
Ich finde nicht,
dass die Ameisen unbedingt
ihr Nest in meinem Ohr bauen mussten.
Ich kann zwar gut einschlafen,
wenn sie am Abend ihre Babys
in den Schlaf singen,
aber den ganzen Tag dies Getrappel
– rein, raus, raus, rein, rein, raus, raus, rein –
ist kaum auszuhalten,
ganz abgesehen von den Schreikrämpfen,
die ihre Königin ab und an kriegt.
Wie soll man sich da
konzentrieren?
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Getarntes Gedicht
Hier tarnt sich ein Gedicht als lockere Plauderei übers tierische Tarnen, das ungeheure Ausmaße annehmen kann.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Tarnen
Manche Tiere sind gut im Tarnen.
Ein Hund zum Beispiel
tarnt sich häufig als Hypnotiseur.
Gerade noch saß da ein Pudel,
mit dem man so interessante Gespräche wie
„Sitz!“
oder
„Platz!“
führen konnte,
doch plötzlich hockt an der gleichen Stelle
einer mit Magnetaugen,
der Essensbrocken vom Tisch hypnotisiert.
Oder Chamäleons,
die tarnen sich gerne als Automechaniker.
„Ist in einer Stunde fertig“,
sagt der Fachmann.
Und kommt man nach einer Stunde zurück,
keiner zu sehen, keiner weiß Bescheid,
ob die Karre repariert ist.
So gut sind die getarnt,
quasi nicht mehr vom Auto zu unterscheiden.
Aber das Beste, was ich bisher
an Tarnung gesehen habe,
war ein Kaktus in der Wüste.
Als ich näher kam,
stellte sich heraus:
In Wahrheit war’s ein Oktopus im Meer.
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Tierisch leben
Das Leben als Tier hat einige Vorteil: Wenn die primären Bedürfnisse gedeckt sind, wie Essen oder Schlafen, dann kann man den Mensch rauslassen.
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Fledermaus müsste man sein ...
Fledermaus müsste man sein!
Den ganzen Tag abhängen und pennen,
nachts sein Brot im Flug verdienen,
ein paar Autoreifen zerstechen,
in Postkästen pinkeln,
einige Schreiben einwerfen,
damit die Leuten einen nicht vergessen,
und dann guckt man sich wieder
ein schattiges Plätzchen für den Tagesschlaf aus.
Was für ein Leben!
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Die Sache mit den Streifen
Streifen sind nicht gleich Streifen, vor allem wenn Zebras involviert sind. Dieses Gedicht warnt eindringlich vor den Folgen von Streifenverwechslungen.
Dyrk Schreiber · geb. 1954
Mit Zebras fängt es an
Wieder auf dem Gehweg
hielt beim empörten Mann
eine Fußgängerin an
vorsichtig tupfte sie Blut ab
eine Braue war aufgerissen
ob er sich erinnere
Marke Farbe Kennzeichen
Hufe waren es
von einem Zebra
aus den Streifen hier
hat es sich plötzlich gepellt
richtig aufgebäumt und
nach allen Seiten ausgeschlagen
Da will man sicher
die Straße überqueren
schon wird man angegriffen
ich hätte es wissen müssen
gestern hab ich noch gesagt
Zebras sind unsere Gefahr
solche Vorgänge sind immer
der Anfang
bricht erstmal
die Verkehrsordnung zusammen
ist der Rest
auch bald erledigt
Und dann
was dann
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Gedicht über Elefanten und Gänse
Elefanten sollen angeblich Angst vor Mäusen haben, aber mit Gänsen gibt es anscheinend kein Problem, außer ...
Hans-Peter Kraus · geb. 1965
Nachtflug
Für Gänse gilt kein Nachtflugverbot.
Hab ich auch nicht gewusst.
Das Problem war:
Jedes Mal,
wenn ich zu den Papiercontainern gegangen bin,
waren alle voll.
Übervoll.
Wegen der blöden Versandverpackungen.
Also hab ich das Papier
(ich krieg ja noch die Zeitung
als einziger im Haus)
auf dem Balkon gelagert
und einen Elefanten gemietet
zum Draufsetzen,
damit mir der ganze Kram
nicht im Herbststurm davonfliegt.
Dann gucken die Nachbarn böse.
Kann mir eigentlich egal sein,
doch ich versuche,
möglichst nicht aufzufallen.
Und es war auch kein Problem,
wenn die Gänse tagsüber
in ihren V-Formationen gen Süden flogen.
Ich wedelte mit dem Mietvertrag,
und der Elefant ließ die Schultern sacken.
Er wär natürlich gerne,
guckte sehnsüchtig nach oben,
trötete laut, wenn die Gänse vorbeiflogen,
doch Vertrag ist Vertrag.
Nur wie gesagt: Kein Nachtflugverbot für Gänse,
und am nächsten Morgen war er weg.
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Spinnerei
Nicht nur Spinnen spinnen, auch Dichter stehen im Verdacht, Wörternetze zu spinnen. Hier spinnt einer eine Spinnerei über Spinnen.
Heiner Brückner · geb. 1949
Spinnen
Die Spinnen, die spinnen,
sie spinnen im Zimmer innen
binnen einer Nacht
aus der
Ecke
von der
Decke
am
seidenen
Faden
ein filigranes Gewebe.
Die Spinnen, die spinnen,
die spinnen nicht.
Ihr ganzes Gewicht
seilt sich ab
ganz ohne Schaden
am endlosen Faden
in der Luft
federleicht.
Die spinnenden Spinnen
gewinnen, weil sie
geräuschlos weben
ein Netz auf Zeit,
meinen Respekt.
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Tiere und Bürokratie
Dass Tiere nicht viel mit Bürokratie am Hut haben, für diese Erkenntnis muss man weder Haustierbesitzer noch Forscher in freier Wildbahn sein, es reicht völlig, Ringelnatz zu heißen.

Gedicht aus uralten Zeiten
Eine moorige Schlüssellochreportage aus uralten Zeiten liefert dieses etwas komische Tiergedicht und bestätigt, dass die Liebe immer und überall ist.

Ein lustiges Tiergedicht von Wilhelm Busch
Wilhelm Busch hat sozusagen Humorgarantie, wenn es um Tiere geht. In diesem Gedicht werden zwei Tiere zusammengebracht die außer dem F nicht viel gemeinsam haben:

Mensch und Tier
Eine zuerst unheimlich erscheinende, aber dann komisch harmlose Begegnung zwischen Mensch und Tier tischt Ringelnatz in diesem Tiergedicht auf.



