Unterm Lyrikmond

Gedichte lesen, schreiben und interpretieren

Besinnliche Weihnachtsgedichte

Besinnlich und Weihnachten gehören zusammen, auch wenn das immer mal wieder in Vergessenheit gerät ob des vorweihnachtlichen Einkaufsstresses. Die besinnlichen Weihnachtsgedichte dieser Seite sollen etwas zurückbringen von der einzigartigen Weihnachtsstimmung zwischen Kerzenschein und Tannenbaum.

 
 

Ein besinnlicher Gedanke zu Weihnachten

Nur ein einziger Gedanke ist in diesem Gedicht formuliert, doch mehr braucht Weihnachten nicht.

Emanuel Mireau · geb. 1974

Allen Menschen Wohlgefallen

Ach, wenn vom Fest der Liebe
nur eines übrig bliebe,
nur dieser eine Gedanke,
dass Teilen und Verschenken,
an andere zu denken
viel schöner ist
als alles auf der Welt,
dann wäre Weihnachten ein Fest,
das allen Menschen wohlgefällt.

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Allein am Weihnachtsabend

Heiligabend allein zu verbringen ist eine harte Nuss, doch wie dieses besinnliche Weihnachtsgedicht zeigt: Jede Nuss ist knackbar.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Dieser Abend ...

Dieser Abend,
der heilig genannt wird,
ist jener, an dem du nicht
allein sein kannst, ohne die Bilder
der Vergangenheit, ohne die Lichter,
die so viel versprachen, zurückzuholen.

Du schaust hinaus,
siehst die erleuchteten Fenster,
hinter Vorhängen und Gardinen
die strahlenden Augen,
die lächelnden Gesichter
in geschmückten Wohnzimmern.
Und du weißt,
es ist vorbei,
das kommt nie wieder;
du wirst das Glück der Anderen
an diesen Abenden ertragen müssen
bis zum Schluss.
Und dennoch:
Obwohl es viele Jahre gedauert hat,
nun kannst du sagen:
Amen.

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Weihnachten in der guten, alten Zeit

Wie aus dem Bilderbuch der Kindheit kommt dieses besinnliche Weihnachtsgedicht daher. Früher war eben alles weihnachtlicher.

Hans Retep · geb. 1956

Alte Weihnacht

Es ist so wohlig warm im Zimmer,
da steht ein Baum geschmückt wie immer
mit Kerzen, Engeln und dem Stern,
Lametta glitzert, wie von fern
erklingen weihnachtliche Töne.

Die Blicke gehn zu den Geschenken,
wer mag den Kindern dies verdenken,
denn endlich ist er da der Tag,
auf dem so lang die Hoffnung lag,
dass dieser ihre Wünsche kröne.

Als dann die Eltern lächelnd nicken,
beginnt ein kindliches Entzücken,
das Jauchzen nimmt kein Ende mehr.
Nur Vater fragt sich still, ob er
die Kinder nicht zu sehr verwöhne.

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Mensch sein zu Weihnachten

Nicht nur zur Weihnachtszeit sollte man sich darauf besinnen, Mensch zu sein und zu bleiben im positiven Sinne des Wortes. Daran erinnert das folgende Weihnachtslied:

Dyrk Schreiber · geb. 1954

Menschen, weil sie Menschen sind

Menschen, weil sie Menschen sind,
nehmen sich ein Herzleid ab:
Wunden kühlen, Trauer fühlen,
bei dir weilen, Seelen heilen!
Du, das macht ein Menschenkind,
weil es sich als Mensch besinnt!

Menschen, weil sie Menschen sind,
geben Herzensfreude ab:
Auf die Schlitten Fremde bitten,
sie beschenken im Gedenken,
dass wir alle Menschen sind,
du und ich und noch ein Kind!

Menschen, in der Weihnacht sind,
fangen eine Botschaft ab:
Stiftet Frieden und hernieden
machet, dass man freier lachet!
Gut im Tun, zur Hilfe seid
alle Tag’ lang ihr bereit!

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Ein besinnliches Weihnachtsgedicht von Eichendorff

Weihnachten aus der Außenperspektive bietet dieses Weihnachtsgedicht. Gerade wenn die ganze Welt zu Hause sitzt und Weihnachten feiert, ergibt sich im Freien eine eigenartige, besinnliche Stimmung.

Eichendorff: Weihnachten

Dieses Gedicht im TextformatZur Interpretation des Gedichts Weihnachten

Wie erzeugt man Klang im Gedicht?
Das ist einfach: Reime! Was aber zu einfach ist. Wenn man sich nur auf Reime verlässt, sie sozusagen den Höhepunkt eines jeden Verses darstellen, dann kommt ein Gedicht ins Leiern, was klanglich nicht so dolle ist. Es gibt jedoch Möglichkeiten, innerhalb der Verse Klang zu erzeugen, der etwas subtiler ist, etwas unauffälliger ins Ohr geht.

Die älteste Möglichkeit ist die Alliteration, der lautgleiche Beginn von gehobenen (betonten) Silben. Das wurde schon im Althochdeutschen exerziert und Joseph von Eichendorff macht es in seinem Gedicht Weihnachten ebenso.

In Zeile eins: Straßen – stehn; in Zeile drei: geh ich – Gassen; in Zeile vier: alles – aus. Unterschiedliche Vokale am Anfang der gehobenen Silben gehen auch als Gleichklang durch, deshalb klingen z. B. Wendungen wie „für immer und ewig“ gut. Wenn man das ganze Gedicht liest, findet man weitere Alliterationen. Die klangliche Wirkung ist nicht überwältigend, aber sie ist da und trägt zum Wohlklang des Weihnachtsgedichts bei.

Etwas auffälliger sind Assonanzen, bei denen nur die Vokale gleich sind statt wie beim Reim alle Laute ab dem Vokal einer gehobenen Silbe. Beispiele in dem Eichendorff-Gedicht finden sich in Zeile drei/vier: Gassen – alles; Zeile sieben: Tausend – schauen; Zeile elf: Hehres Glänzen. Die leichte Unreinheit von e zu ä ist beim Reim erlaubt, also auch bei der Assonanz.

Diese „Klangtricks“ gibt es nicht nur in alten Gedichten. Wenn man z. B. die erste Strophe von Hans Reteps Alte Weihnacht betrachtet, fällt sofort „wohlig warm“ auf als Alliteration. Weniger offensichtlich ist in Zeile zwei „steht … geschmückt“, aber „steht“ spricht man nun mal „schteht“ und „schmückt“ ist die betonte Silbe im Wort. „Kerzen“ und „Engeln“ sowie „glitzert“ und „(er)klingen“ verraten die Kenntnis von Assonanzen. Man sieht: Klang geht immer, heute wie vor zweihundert Jahren.

 
 

Ein besinnliches Weihnachtsgedicht von Theodor Storm

Die Rückbesinnung auf das kindliche Erleben der Weihnachtszeit ist hier das Thema.

Storm: Weihnachtslied

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Ein besinnliches Weihnachtsgedicht von Ringelnatz

Auch der lustige Herr Ringelnatz kann sich dem besinnlichen Weihnachtsfest nicht entziehen.

Ringelnatz: Weihnachten

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Besinnlichkeit am Weihnachtsbaum

In aller Besinnlichkeit wird in diesem Gedicht erklärt, wie die Lichter an den Baum kommen. Besonders wichtig scheint Geduld zu sein, die gerade zu Weihnachten Kindern schwer zu vermitteln ist.

Kletke: Weihnachten

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Besinnliches an der Krippe

Die Kirche kommt Weihnachten ebenfalls zu ihrem Recht. Max Dauthendey schildert die besinnliche Stimmung an der Krippe.

Dauthendey: Weihnachten

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Ein besinnliches Gedicht über die heilige Nacht

Ferdinand von Saar erinnert an die christlichen Wurzeln der heiligen Nacht, die selbst im Griesgrämigsten noch eine wunde Stelle anrührt.

Saar: Christnacht

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Erinnerungsbaum

In besinnlicher Stimmung beschwört in diesem Gedicht der Weihnachtsbaum Erinnerungen an die Kindheit herauf.

Christen: Christbaum

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Einstimmung auf Weihnachten

Wenn man die Geschenkefrage frühzeitig erledigt, kann man auch die Vorweihnachtszeit genießen und sich einstimmen auf den Jahresausklang.

Friedrich Wilhelm Wagner · 1892-1931

Vor Weihnachten

In diesen Dämmertagen,
Still und feierlich,
Kommt leise hergetragen
der Friede über mich.

Ein ruhiges Genügen
Und stilles Zufriedensein ...
Leis leise Klänge wiegen
Die müde Seele ein

In traumlos tiefen Schlummer –
Wie liegt so weltenweit
Hass, Leid und aller Kummer
Und alle Traurigkeit.

 
 

Weiße Weihnachten

Beobachtet man fallenden Schnee, stellt sich die Besinnlichkeit zu Weihnachten ganz von selbst ein.

Richard von Schaukal · 1874-1942

Weihnachtsschnee

Das ist der alte Weihnachtsschnee
aus meiner Kinderzeit:
er liegt so weich, als hätt’ es Weh,
gelindes Weh geschneit.

Du wunderweiße weite Welt,
wie füllst du dich mit Ruh:
der langsam auf dich niederfällt,
der Himmel deckt dich zu!

 
 

Einsame Besinnlichkeit

Gezwungermaßen erlebt das Ich in diesem Gedicht ein besinnliches Weihnachten und findet sogar Trost, wo eigentlich kein Trost zu erwarten ist.

Guido Zernatto · 1903-1943

Lied zu Weihnachten

Ich warte, bis du wiederkommst,
Ich warte hin und her,
Ich warte heut die dritte Nacht
Und weiß, du kommst nicht mehr.

Die Stille tönt in meinem Ohr,
Die Uhr tickt laut und geht.
Ein Holzwurm knackt in deinem Stuhl,
Der in der Ecke steht.

Um Mitternacht kommt es mir vor,
Als ging das Licht mir aus.
Die Uhr bleib stehn. Ein müder Wind
Schlich fröstelnd um das Haus.

Ich weiß, in dieser heil’gen Nacht
Zeigt sich ein heller Schein.
Das Licht löscht aus. Mein Glück wird wohl
Vielleicht das Warten sein.

 
 

Weihnachten resignativ

Im folgenden Gedicht ist die Stimmung zwar auch besinnlich, aber das lyrische Ich besinnt sich auf Vergänglichkeit und Tod.

Ferdinand von Saar · 1833-1906

Keine Weihnachten

Einsamkeit und tiefes Schweigen
Herrscht in meines Zimmers Raum,
Und mit mit zweiundsiebzig Zweigen
Steht vor mir ein Weihnachtsbaum.

Dran in fahlem Scheine zittert
Der Erinn’rung bunter Tand:
Hohle Nüsse, überflittert,
Wie ich sie im Leben fand.

Farb’ge Bänder, Liebespfänder
Mit schon längst verblichnem Glanz,
Und dabei – wie dürr die Ränder! –
Ein verjährter Lorbeerkranz.

Und als trübe Lichter schwelen
All die Leiden, die ich litt –
Tod, Erlöser müder Seelen,
Schon vernehm’ ich deinen Tritt.

 
 

Besinnliches Weihnachtslied

Ein Klassiker unter den Weihnachtsliedern ist dieses Gedicht von einem ziemlich unbekannten Dichter.

Ebel: Weihnachtsgruß (Leise rieselt der Schnee ...)

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Weihnachtsgedicht von damals

Die schönsten Weihnachten sind eigentlich die Weihnachten von damals. Niemand sang „Last christmas“ und die Geschäfte hatten auch nicht bis 20 Uhr oder noch länger auf. Stattdessen: Rührung, wenn man damals an die Weihnachten von vordamals dachte.

Alfred Scholtz · n. bek. um 1900

O Danneboom ...!

„O Danneboom! O Danneboom!
Wie grün sind deine Blätter!“
Doch weihnachtsmäßig zugestutzt,
Mit Licht und Baumschmuck aufgeputzt,
Da bist du noch viel netter.

Nach Harz und Kerzen duftest es,
Nach Naschwerk aller Arten.
Die Kinder sehn durchs Schlüsselloch:
„Na Weihnachtsmann! – So komme doch!
Lass uns nicht lange warten!“ – – –

Und endlich geht die Türe auf ...
Herrgott! Der Glanz ... Die Freude! –
Die Kinder machen staunend: „Ah ...!“
Die Mama und der Herr Papa –
Was weinen die nur beide?

Sie denken ihrer Jugendzeit ...
Durch Lebenssturm und Wetter
Klingt nach der alte Kinderton:
„O Danneboom! O Danneboom!
Wie grün sind deine Blätter!“

Mehr Besinnlichkeit, ganz ohne Weihnachten, finden Sie unter dem Thema Besinnliche Gedichte.

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