Unterm Lyrikmond

Gedichte lesen, schreiben und interpretieren

Weihnachtsgedichte zum Nachdenken

Nachdenken über Weihnachten fängt mit dem Ursprung an: Wo kommt das Wort her? Im Mittelhochdeutschen war „wihen nahten“ bekannt in der Bedeutung „heilige Nächte“. Und von dort ist es nicht mehr weit bis Weihnachten. Nächste Frage: Warum findet Weihnachten am 25. Dezember statt?

Die Geburt des Christkindes an jenem Tag als Erklärung dürfen wir ausklammern, weil das eine Geschichte ist, die man Kindern erzählt. Das Neue Testament fällt als Geschichtsquelle aus, denn die Sache mit der Geburt war etwas, das den Ungläubigen vom göttlichen Ursprung des Begründers der christlichen Religion überzeugen sollte und keine historische Tatsache. Dort wird auch weder Datum noch Jahr genannt.

Auf die wahrscheinlich richtige Spur führt die Bezeichnung Jul, die in einigen nordischen Ländern für Weihnachten üblich ist. Das war ursprünglich ein heidnisches Fest, das in etwa zu diesem Zeitpunkt begangen wurde, so wie man im alten Rom am 25. Dezember die Geburt des Sonnengottes Sol invictus feierte. Die Hypothese lautet, dass sich das frühe Christentum an dieses Datum drangehängt hat, was ein Entgegenkommen an die Heiden war, die eine Festtradition unter einem anderen Namen fortsetzen konnten.

Der Ursprung des Weihnachtsfestes, wie wir es heute kennen, ist wesentlich jüngeren Datums. Zunächst war Weihnachten eine rein kirchliche Angelegenheit mit besonderen Messen (daher engl. Christmas). Als privates Familienfest inklusive Geschenkbräuchen etablierte sich Weihnachten erst im 19. Jahrhundert. Der Traditionen zum Fest gibt es viele, so wie auch das Verschenkpersonal vom Christkind und Weihnachtsmann bis zu den Heiligen Drei Königen (Spanien) reicht. Der Ursprung gerät somit immer mehr in den Hintergrund. Weihnachten würde wahrscheinlich auch in einem atheistisch geprägten Land weitergefeiert, was ein Stoff zum Nachdenken ist.

 
 

Zum deutschen Fest der Liebe

Weihnachten ist in Deutschland eine große Sache, größer als die Fußball-WM, und auch mit mehr Liebe verbunden – einmal im Jahr.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Deutsche Weihnacht

Einmal im Jahr
feiern wir das Fest der Liebe,
einmal im Jahr.
Mehr
ist nicht drin.
Wir sind arm.
Das Wenige, das wir haben,
können wir nicht noch mal teilen.
Nur zum Fest der Liebe
geben wir
an die Familie,
an Verwandte,
an Freunde
und die Anderen.
Einmal im Jahr,
das muss
reichen.

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Weihnachten immer und überall

Was wäre eigentlich, wenn immer Weihnachten wäre? Darüber könnte man nachdenken, aber die Antwort in diesem Gedicht gefällt möglicherweise nicht jedem.

Hans Retep · geb. 1956

Wenn jeden Tag Weihnachten wär ...

Wenn jeden Tag Weihnachten wär,
Dann gäb es kein Weihnachten mehr.
Wenn jeden Tag Weihnachten wär,
Dann bräucht es kein Weihnachten mehr.
Wenn jeden Tag Weihnachten wär,
Verdammt!
Wir würden alles teilen.

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Die Weihnachtsgeschichte

Vielleicht sollte man über Weihnachten besser nicht nachdenken. Da geht die ganze Romantik verloren, wenn man versucht, den eigentlichen Ursprung des Festes festzumachen.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Nachdenken über Weihnachten

Nehmen wir an,
diese ganze Geschichte
von der Geburt des Kindeleins,
von der Jungfrau und ihrem Mann,
vom Stall, vom Stern und den drei Königen
wäre frei erfunden, ein Märchen,
um die Ungläubigen zu beeindrucken,
und es gibt keinen guten Grund,
anzunehmen, dass die ganze Sache
nicht frei erfunden ist.
Was dann?
Beruht das größte aller Feste
nur auf einer fiktionalen Begebenheit
in einer alten Geschichtensammlung?
Reicht ein Stück Literatur, um die halbe Welt
in einen Kaufrausch zu versetzen?
Und wer kann eigentlich dokumentieren,
dass aus diesem fiktionalen Kind
ein lebendiger Mensch wurde?

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Kurze Denkpause zu Weihnachten

Aus der Serie „Das wird man ja wohl noch fragen dürfen“ stammt das folgende kurze Weihnachtsgedicht zum Nachdenken.

Hans-Peter Kraus · geb. 1965

Weihnachtsfrage

Betrachten wir die Lage:
Kriege
hier und da,
Mord und Totschlag allerorten.
Ist Weihnachten nur ein Fest,
für kurze Zeit
mit Glitzerkram und Kerzenschein
in uns die Bestie zu verleugnen?

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Nachdenkliches über Maria und Josef

Ludwig Thoma erinnert an die Geschichte um die Jesus-Geburt und dass es eine Arme-Leute-Geschichte war. Mit ein bisschen Nachdenken kommt man sicher drauf, wie es Maria und Josef heutzutage ergangen wäre.

Thoma: Heilige Nacht

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Über die Ursprünge

Auch Clara Müller-Jahnke erinnert ans Original und sieht seitdem nicht sehr viel Fortschritt. Weihnachtslichter sind eben kein Ersatz für eine Erleuchtung der Menschheit.

Müller-Jahnke: Weihe-Nacht

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Christliches Weihnachtsgedicht

Ganz unbefangen im Glauben verhaftet preist dieses Gedicht das Weihnachtsfest. Warum das heute nicht mehr geht, darüber könnte man ja mal nachdenken.

Schenkendorf: Weihnachtslied

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Nachdenken über Kommerznachten

Unverkaufte Weihnachtsbäume sind das Thema dieses Gedichts. Etwas nachdenklich könnte man es aber auch auf unverkaufte Weihnachtsgänse und überhaupt den ganzen „Müll“, der vom Feste übrig bleibt, ausweiten.

Salus: Christabend

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Weihnachtssingen

Ein bisschen grübelnd kommt dieses Weihnachtsgedicht daher, obwohl der Anlass – Kinder, die ein Weihnachtslied singen – doch eigentlich für eine frohe Stimmung sorgen sollte.

Karl Röttger · 1877-1942

Das andere Weihnachtslied

Jetzt geht ein Wandrer wohl im weißen Schnee –
Singt ihr und übersingt die ganze Welt,
Ihr Kinder singt und übersingt das Weh
Der ganzen Welt.

Es bleibt so vieles heut noch unerfüllt,
Es ist wohl Weisheit not,
Dass sie den Becher aller Armut füllt,
Dass sie die Nacktheit der Enttäuschung hüllt –
Weisheit ist not.

Der Suchenden und Sorgenden sind viel
Auch diese süße Nacht.
So singt das süße Lied vom letzten Ziel,
So singt vom Stern, der aus dem Himmel fiel, –
Singt von der Tür, die aufgemacht,
Die aller Heimkehr, Armut, Inbrunst offen steht,
Das weise Lied, ihr Frohen singt:
Dem Wandernden, der einsam geht
Im weißen Schnee; dem Weinen, das verweht
Aus vielen Munden. Über die Welt hin singt,
Bis alle Welt weiß, dass ein Hauch hergeht,
Der hinter Sternen fernher Gott vom Munde dringt.

 
 

Bilanz zu Weihnachten

Bei all dem Weihnachtstrubel noch mal über sein Leben nachzudenken, dafür plädiert dieses Fontane-Weihnachtsgedicht.

Fontane: Zum 24. Dezember

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